Entstehung des Friedensangebotes. 453 Vernstorff vom 12. September') nicht so bald zu erwarten war, suchte er nach neuen Wegen zum Frieden. Der grundsätzlichen Zustimmung öfter- reich-Angarns konnte er dabei sicher sein. Nach Vorbesprechungen, und nachdem inzwischen die Rumänen so gut wie ganz aus Siebenbürgen ver- trieben waren, schlug der österreichisch-ungarische Außen- m i n i st e r Varon Vurian in Pleß am 17. Oktober vor, an alle Neutralen » snob-r. gleichlautend und öffentlich das Ersuchen zu richten, unseren Feinden ein Friedensangebot zu übermitteln. Der Reichskanzler erwiderte, er habe denselben Gedanken bereits seit längerer Zeit ernstlich erwogen und werde ihn weiter verfolgen. Einen russischen Separatfrieden hielt Baron Vurian „für ganz ausgeschlossen... Augenblicklich sei ihm Rußland die völlige Sphinx". Die Ober st e Heeresleitung war mit einem Friedensangebot einverstanden, wenn ihr desien Aussichten auch gering erschienen. „Der Versuch war zu machen", schreibt General Ludendorff). „Wir mußten nur alles vermeiden, was nach einem Schwächezeichen aus- sah. Dies hätte auf Heer und Volk drückend gewirkt und wäre nur ein Anreiz für die Entente gewesen, ihre Anstrengungen, uns niederzuschlagen, zu verdoppeln." Als Voraussetzung für das Friedensangebot forderte er daher: gute militärische Lage und Verabschiedung des Hilfsdienstgesetzes'). Kaiser Wilhelm griff die Anregung, über die der Reichs- kanzler ihm Vortrag hielt, freudig auf. In einem Brief an den Kanzler vom 31. Oktober bezeichnete er den Friedensvorschlag als eine „sittliche 31. ««ober. Tat" und fuhr fort: „Zu einer solchen gehört ein Herrscher, der ein Ge- wissen hat und sich Gott verantwortlich fühlt. .., der, unbekümmert um die eventuellen absichtlichen Mißdeutungen seines Schrittes, den Willen hat, die Welt von ihren Leiden zu befreien. Ich habe den Mut dazu. Ich will es auf Gott wagen.. Am folgenden Tage übermittelte er an Kaiser Franz Joses den Vorschlag, daß die Veröffentlichung des Friedensangebots „vor Anfang der Winterkampagne" erfolgen und als grundlegenden Ge- dankengang die Auffassung enthalten solle, „daß wir nicht in einem Cr- oberungs-, sondern in einem Verteidigungskriege das Dasein, die Cnt- Wicklungsfreiheit und die Zukunft unserer Völker sichern wollen". Kaiser Franz Josef stimmte grundsätzlich zu. In den nächsten Wochen folgte ein reger Gedankenaustausch zwischen Oberster Heeresleitung, Reichskanzler und österreichisch-ungarischem Minister des Äußeren über die Form, in der das Friedensangebot ergehen ') S. 447. 2) „Kriegserinnerungen", 0.243. 3) S. 39. 4) Bethmann, a. a. €>., S. 152 Fußnote.