616 Die Ereignisse am Balkan und an der Front der Türkei. Leistungen des Verkehrsnetzes infolge Abnutzung des Materials und Fehlens von Heizstoffen. Die schlechten Verbindungen waren die Haupt- Ursache für die ungünstige Lage im Süden und Osten des Reiches. Die Verlängerung der Bagdad-Bahn über Ras el Ain in der Richtung auf Mosul war zwar in Angriff genommen und auch eine Cuphrat-Ctappe zur Beförderung von Heeresgut stromabwärts bis in Höhe von Bagdad ein- gerichtet worden, aber die größten Schwierigkeiten entstanden nach wie vor durch die Vahnlücke im Taurus- und Amanus-Gebiet. Dort hatten die Arbeiten, statt mit allen Mitteln beschleunigt zu werden, durch Verschickung der armenischen Vahnarbeiter im Sommer eine monatelange Verzögerung erlitten. Aus einer Denkschrift vom 14. Juli mußte General von Falken- Hayn entnehmen, daß auch bei voller Arbeitergestellung die Vollbahn erst Ende des Jahres durch den Amanus geführt sein würde. Die Arbeiten an der Taurus-Strecke waren noch weiter im Rückstände. Folge der unge¬ nügenden Transportleistungen waren zunehmende Schwierigkeiten an den Fronten. Selbst die notwendige Verpflegung, Bekleidung und Ausrüstung konnte nicht mehr ausreichend zugeführt werden. Die seelische und körper- liche Leistungsfähigkeit der Truppe ging daher dauernd zurück. Das fand in zunehmender Fahnenflucht sichtbaren Ausdruck. Alles in allem mehrten sich die Anzeichen, daß sich militärische und wirtschaftliche Erschöpfung ein- zustellen begann, nachdem das Osmanische Reich schon 1912 im Kampfe gegen die Balkan-Staaten schwer geblutet hatte und jetzt fast zwei Jahre an der Seite der Mittelmächte im Kriege stand. Soweit Deutschland zu helfen imstande war, geschah dies. Vis zum Herbst 1916 waren sechzehn deutsche Krastwagen-Kolonnen abgegeben worden; seit Juni arbeitete eine Eisenbahn-Kompagnie im Taurus-Gebiet. Rollendes und Baumaterial wurde zur Verfügung gestellt. Kriegsgerät war in immer größerem Amfange überwiesen worden. Ende August betrug die Anzahl der deutschen Heeresangehörigen in der Türkei 630 Offiziere und 5900 Mann. Kohlen- und Verpflegungszüge rollten nach Konstan- tinopel, um die darbende Bevölkerung der Hauptstadt zu unterstützen und die Kohlenversorgung zu sichern, da die Störung der Transporte von Sunguldak die Bewegungsfreiheit der Flotte, Munitionserzeugung und lebenswichtige Betriebe bedrohte. Die geldlichen Zuwendungen betrugen seit Januar 1916 monatlich 80 Millionen Mark, Erhöhung stand bevor. Indessen alle diese Stützungsmaßnahmen, so wertvoll sie für die türkische Kriegführung auch waren, konnten das allmähliche Sinken der Widerstands- kraft des Bundesgenossen auf die Dauer nicht aufhalten.