Türkische Waffenhilfe in Europa. 615 türkische Waffenhilfe, diesmal ein Korps, gegen Rußland zu erbitten. Cnver Pascha glaubte die Abgabe von insgesamt sechs Divisionen verantworten zu können, obgleich dagegen vor allem General von Liman schwere Be- denken äußerte, dessen Armee in erster Linie von den Abgaben betroffen wurde. Diese waren um so fühlbarer, als die dafür bestimmten Verbände ihre weniger tauglichen Mannschaften zurückließen und dafür aus dem ganzen Heer das Beste eintauschten. Zum Eingreifen gegen Rumänien wurde das VI. Korps mit zunächst zwei Divisionen in Thrazien bereit- gestellt. An die galizische Front ging das XV. Korps mit zwei Divisionen; seine ersten Transporte langten am 19. Juli an der Donau an'). Am 3. August trafen sich die General st abschefs der Mit- telmächte mit Cnver Pascha inBudapeft. Im Vorder- grund der Besprechungen stand die rumänische Frage. Der am 28. Juli zwischen der deutschen, österreichisch-ungarischen und bulgarischen Obersten Heeresleitung abgeschlossenen Militärkonvention für den Fall des Krieges mit Rumänien trat der türkische Vizegeneralissimus bei2). Für den Fall des Losschlagens Rumäniens hatte er bereits Ende Juli in Bukarest das Eingreifen der Türkei angekündigt. Anfang August erreichten die Vor- kommandos des türkischen VI. Korps die rumänische Dobrudscha-Grenze. Trotz der großen Erfolge an den Dardanellen und bei Kut hatte sich die Gesamtlage der Türkei im Laufe des Jahres 1916 verschlechtert. Tief standen die Russen in Armenien und die Engländer im Irak auf türkischem Boden. Von Ägypten her drohte in Verbindung mit dem Aufstande in Arabien überlegener englischer Angriff. Auch die Lage zur See°) war weniger günstig geworden. Kohlenmangel schränkte die Vewegungssähigkeit der türkischen Flotte ein, während die russische, durch das neue Großkampfschiff „Imperatriza Maria""), an Kampfkraft überlegen, erhöhte Tätigkeit ent- faltete. Sie konnte auch durch die wenigen deutschen Unterseeboote kaum gehemmt werden. Selbst der Kohlentransport auf der kurzen Strecke von Sunguldak bis Konstantinopel war gefährdet. Roch ernster war, daß die Kräfte des Landes mit der Zunahme der militärischen Beanspruchung zurückzugehen schienen. Dies zeigte sich nicht nur in abnehmender Kampfkraft des Heeres, sondern auch in wachsenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Besonders bedenklich waren die sinkenden S. 537. — -) S. 599. 3) Näheres hierüber siehe Marine-Archiv: „Der Krieg zur See 1914—1918. Der Krieg in den türkischen Gewässern. Band I. Die Mittelmeer-Division", S. 214 ff. 4) Band IX, S. 194.