Weihnachtsdenkschrift: Stärkeverhältnis und Angriffsplan. 13 Schwierigkeiten der Leitung und Versorgung der Massen darin werden so groß, daß sie kaum überwindlich erscheinen". In diesen Ausführungen lag freilich nicht die grundsätzliche Ablehnung jeden taktischen Durchbruchsversuches. Auf Grund eigener, auf dem östlichen Kriegsschauplatz bei Gorliee und am Raren? gemachter Erfahrungen hielt General von Falkenhayn das Durchstoßen eines Stellungssystems und die operative Ausbeutung dieses Erfolges auch in Zukunft für möglich. Es mußten aber bestimmte Voraussetzungen dafür gegeben sein: der Stoß durste ebensowenig auf einen unerschütterten, ebenbürtigen Gegner gerichtet werden wie auf einen solchen, der ohne weiteres zu freiwilligem Ausweichen in der Lage war. Auch durften die zum taktischen Durchbruch eingesetzten Kräfte ein gewisses Stärkemaß nicht überschreiten, damit ihre planvolle, ein- heitliche Kampfführung und Versorgung noch gewährleistet blieb. Bei Be- ginn eines Großkampfes waren diese Voraussetzungen schwerlich in ihrer Gesamtheit vorhanden, sie ließen sich aber vielleicht durch eine Reihe von Kampfhandlungen zielbewußt herbeiführen, indem zunächst ein räumlich begrenzter Teilangriff an operativ empfindlicher Stelle den Feind so wuchtig traf, daß er nicht nur zum Einsatz und Verbrauch möglichst starker Reserven gezwungen, fondern auch zum Gegenangriff an der bedrohten Stelle oder zu Entlastungsangriffen an anderen Stellen herausgefordert wurde. Aus der erfolgreichen Abwehr solcher Gegen- und Entlastungsstöße mit sorg- fältig bemessenem Kräfteaufgebot konnte sich dann Gelegenheit zur entfchei- dungsuchenden Operation an einer in ihrer Widerstandsfähigkeit gemin¬ derten Stelle und gegen eine Truppe ergeben, die durch die vorangegan- genen Kampfhandlungen zermürbt, dem Durchbruch kein unüberwindliches Hindernis mehr entgegenzustellen vermochte'). Gewiß war dieser Gedankengang in der Weihnachtsdenkschrift nur vorsichtig und unvollständig angedeutet. Seine Grundlinien sind aber doch in ihr erkennbar: Der Kräfteaufwand beim Angriff auf Verdun sollte sorg- fältig begrenzt, der Kampf so planvoll und elastisch geführt werden, daß ausreichende Reserven übrigblieben, um den an anderen Frontteilen zu er- i) Generalleutnant a. D. Tappen sagt in einer Zuschrift vom 9. Februar 1934: „Bezüglich der Vorbedingungen für den Gegenangriff an irgendeiner Stelle hat General von Falkenhayn sich den Verlauf folgendermaßen gedacht: Der Feind greift nach längerem Trommelfeuer nach Zerstörung unserer Gräben an, wird zurück- geschlagen, greift wieder an und so fort, daß er nach einiger Zeit fertig ist. Dann setzt schlagartig unser Gegenangriff über das entstandene Trichtergelände an der nach dem feindlichen Angriff günstigsten Stelle, also schon mehr im Sinne des Bewegungs- krieges, ein, für den besondere Vorbereitungen, wie Ausgangsgräben u. dgl., sich erübrigen".