580 Der rechte Heeresfiügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
Nächten konnten alle Anstürme des Feindes abgewiesen werden, am frühen
Morgen des 23. September aber glückte es ihm, die Nordfront zu durch¬
brechen, sich einer Styr-Vrücke zu bemächtigen und auf dem Westuser Fuß
zu fassen. Infolgedessen mußte Luck preisgegeben und das XIV. Korps
in die Linie Polanna Gorka—Sierniki zurückgenommen werden. Erzherzog
Joseph Ferdinand sah die Lage so ernst an, daß er den Abmarsch der für den
geplanten Flankenstoß bestimmten Divisionen (österreichische 13. und 21. In¬
fanterie-Division, ö.-u. 11. Infanterie-Division des XVII. Korps) nach
Norden anhielt und die Heeresleitung ferner um Zuweisung der inzwischen
nach Gorochow vorgezogenen ungarischen 41. Infanterie-Division bat, die
auch sogleich erfolgte. Die 21. Infanterie-Division stellte er dem XIV. Korps
zur Verfügung, die übrigen drei wollte er am nächsten Tage zum kon¬
zentrischen Gegenangriff einsehen, wodurch ihre zeitgerechte Bereitstellung
hinter dem Kavalleriekorps Herberstein unmöglich geworden wäre.
General von Linsingen erhielt eingehende Meldungen über die
Vorgänge bei Luck erst in der Nacht zum 24. September, als er von einer
Fahrt nach Kowel in sein Hauptquartier Iablon (60 Kilometer südwestlich
von Brest Litowsk) zurückkehrte. Gleichzeitig erfuhr er Näheres über einen
Rückschlag beim deutschen XXXXI. Reservekorps; dessen linker Flügel
hatte sich nach der schleunigen Ablösung der 22. Infanterie-Division östlich
von Logiszin seit dem 21. September heftiger Angriffe überlegener Kräfte
erwehren und schließlich am 23. unter nicht unerheblichen Verlusten hinter
die Iasjolda und den Oginski-Kanal weichen müssen. Auch südwestlich von
Pinsk, bei Newel, waren die deutschen Sicherungen nach Norden zurück¬
gedrängt worden. General von Linsingen sah trotz dieser ungünstigen Nach¬
richten keinen Anlaß zu ernstlicher Besorgnis. Er glaubte nicht an einen
überlegenen russischen Angriff auf die Landzunge von Pinsk und vertraute
darauf, daß es auch für die schwachen, aus über 60 Kilometer auseinander¬
gezogenen Kräfte des XXXXI. Reservekorps in dem unwegsamen, wasser¬
reichen Gelände möglich sein müsse, weiteres Vordringen des Feindes zu
verhindern. Aber selbst wenn dies nicht gelang, schien ihm die Gesamtlage
nicht unmittelbar gefährdet zu sein. Auch die Befürchtungen des Erzherzogs
Joseph Ferdinand wegen der Lage bei Luck teilte er nicht. Übrigens hatte
das Oberkommando der 4. Armee inzwischen selbst eine ruhigere Auffassung
gewonnen, da der Feind auf dem westlichen Styr-üfer nicht weiter vor¬
gegangen war. General von Linsingen bestand daher darauf, daß die 11.
und 41. Infanterie-Division den Marsch nach Norden fortsetzten; nur die
13. Infanterie-Division sollte einstweilen noch hinter dem linken Flügel
des XIV. Korps stehenbleiben, aber auch nur im Notfall dort eingesetzt
werden.