10. Armee. Der Angriff gegen Kowno.
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Beckmann und die soeben erst abgegebene 4. Kavallerie-Division unterstellt
werden. Die 10. Armee selbst hatte vielmehr zur Lösung der neuen Auf¬
gabe auch noch die 1. Kavallerie-Division auf das nördliche Flußufer zu ver¬
schieben, gleichzeitig als Vorbereitung weiterer Operationen, für die eine
bedeutende Kavallerie-Masse zum Vorgehen auf Wilna bereitgestellt werden
sollte. Auch mußte auf Einspruch der Obersten Heeresleitung^) an Stelle
der vom Oberbefehlshaber Ost beabsichtigten Zuführung von Truppen der
9. Armee eine Division aus dem Westen abgewartet werden, die erst vom
12. August an eintreffen konnte. Von der angeforderten schweren Feld¬
haubitzmunition hatte die Oberste Heeresleitung nur 24 000 statt 36 000
Schuß bewilligt, das heißt, nur den Bedarf für etwa vier Schießtage^).
Am 8. August war der in dem wegelosen Gelände recht schwierige
Aufmarsch der schwersten und schweren Artillerie größtenteils durchgeführt.
Nach anderthalbstündigem Einschießen begann gegen Mittag das Wir¬
kungsschießen aus rund 120 Rohren. Die Russen antworteten
kräftiger, als man erwartet hatte. Unter dem Schutze des gegen die feind¬
lichen Artilleriestellungen und Werke gerichteten Zerstörungsfeuers arbeitete
sich die 79. Reserve-Division des Generalmajors Voöß zwischen Eisenbahn
und Rjemen allmählich weiter vor, erstürmte am Abend des 9. und in der
Nacht zum 10. August die Stellungen von Godlewo und die nördlich
anschließenden Stützpunkte und hielt sie gegen alsbald einsehende heftige
russische Gegenstöße. Südlich der Bahn deckte die 9. Landwehr-Brigade
gegen den Iesia-Abschnitt. Die Kämpfe der drei Tage hatten insgesamt
über 2000 Gefangene, 16 Maschinengewehre und vier Geschütze eingebracht.
Generaloberst von Eichhorn hatte bereits damit gerechnet, daß die
Feuereröffnung gegen Kowno auch den Gegner südlich der Festung in Be¬
wegung bringen werbe3). Dieser brach dann auch am 11. August etwa
40 Kilometer südwestlich der Angriffsfront nach gründlicher Artillerievor¬
bereitung östlich von Marjampol über die Dawina vor und wiederholte
diesen offenbar zur Entlastung von Kowno geführten Angriff in den beiden
folgenden Nächten. Jedesmal wurde er von dem inzwischen soweit ver¬
längerten Nordflügel des XXI. Armeekorps, 31. Infanterie-Division unter
Generalleutnant von Verrer, verlustreich abgewiesen. Gleichzeitig aber
schienen russische Verstärkungen nach Kowno zu rollen, deffen Besatzung bis¬
her nur aus Landwehr-, Ersatz- und Grenzwachtruppen, insgesamt wohl 15
bis 20 Bataillonen, bestanden hatte; vier neue Infanterie-Regimenter
8. bis
10. August.
11. August.
9 S. 346 f. — 2) S. 347. — 3) Auszeichnung des Generalobersten von Eichhorn
vom 7. August 1915.