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Die russische Oberste Führung bis Ende August.
21. bis 24. Juli.
28.Su«.
29. Sutt bis
5. August.
Gegner im Norden die Front endgültig durchbreche, außerdem aber auch,
wenn er im Süden bis Iwangorod—Brest Litowsk vordringe*).
In der Nacht zum 21. Juli wurde im Anschluß an die zurückweichende
4. Armee auf dem Nordflügel der 2. Armee die Grojec-Stellung auf¬
gegeben, am 22. erteilte General Alexejew für seinen Südflügel (4., 3. und
13. Armee) den Befehl zum allmählichen Ausweichen in die Linie Iwan¬
gorod—Kowel. Die nächsten Tage brachten den Fall der Narew-Linie
Pultusk—Lomza. Gleichzeitig begann aber auch der Druck der neuen
deutschen Angriffe in Litauen und Kurlands zu wirken, die jetzt bereits
den Weg nach Wilna bedrohten. Am 24. Juli berichtete Fürst Kudaschew,
der Vertreter des Außenministers im Hauptquartier, nach Petersburg,
General Ianuschkewitsch habe ihm, „tief Atem holend", erklärt: „Wir
müffen den Becher bis zur Neige leeren" und auf die Frage, woher denn
die größte Gefahr drohe, auf die Riga—Schaulen-Front weisend gesagt:
„Wenn die Deutschen dort weiter angreifen, müffen wir Warschau räumen
und — zurückgehen."
General Alexejew hielt die Lage auf dem äußersten Nordflügel
aber einstweilen noch nicht für bedrohlich. Wie er am 28. Juli bei einer
abermaligen Besprechung in Siedlce dem Großfürsten vortrug, seien die
dort eingesetzten deutschen Kräfte für eine große Operation zu schwach,
neue Entschließungen noch nicht nötig. General Danilow legte demgegen¬
über der Front nördlich des Njemen „überragende Bedeutung" bei, und
der Großfürst befahl dementsprechend die sofortige Verstärkung der dort
kämpfenden 5. Armee durch zwei Infanterie^)- und eine Kavallerie-Division
von der Südwestfront. Den Zeitpunkt für die Räumung der Weichsel-
Linie überließ er aber wie bisher General Alexejew. Für das Schicksal
Warschaus wurden jetzt die Ereignisse an der Narew-Front als entscheidend
angesehen, denn ein deutscher Durchbruch in der Richtung auf Wyszkow am
Bug konnte den Rückzug der noch an der Weichsel stehenden russischen
Truppen sehr erschweren. An der Front Lublin—Cholm glaubte man sich
zu dieser Zeit halten zu können, auch wurde ein Angriff an dieser Stelle als
weniger bedrohlich angesehen.
Der überraschende Weichsel-Übergang der Armee-Abteilung Woyrsch in
der Nacht zum 29. Juli zwischen Warschau und Iwangorod brachte neue
Sorgen. Als es der russischen 4. Armee nicht gelang, den Gegner hier wieder
zurückzuwerfen, befahl General Alexejew am 2. August der 2. Armee das
Westufer des Stromes und damit Warschau zu räumen; die Linie der
*) Kudaschew-Vrief vom 22. Juli 1915.
-) S. 460 ff.
3) 69. und 2. sinnt. Div.