Kampfpause bei der Heeresgruppe Mackensen.
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hart mitgenommene und erschöpfte 11. Armee nicht mehr imstande sei, in
ihrer jetzigen Kräftegruppierung gegen den in seiner Abwehrkraft noch unge¬
brochenen Feind entscheidende Erfolge zu erringen. Daher meldete er schweren
Herzens der Obersten Heeresleitung seinen Entschluß, erst „nach notwendiger
Kampfpause den Vorstoß nach Norden mit starker Mitte und Deckung gegen
Osten fortzusetzen".
Dem deutschen Chef des General st abes des Feldheeres
kam dieser Entschluß nicht überraschend. Er selbst hatte die Aussichten am
19. Juli noch überaus günstig angesehen3), am 21.aber an den Oberbefehls¬
haber Ost geschrieben3): „Die Heeresgruppe Mackensen hat einen weit über¬
legenen Feind vor sich. Diejenigen ihrer Truppen, die ihre Vorbewegung
vortragen müffen, sind durch fast dreimonatigen Bewegungskrieg hart mit¬
genommen, ihre rechte Flanke bedarf dauernder Sorge. Cs ist also nicht
anzunehmen, daß die Heeresgruppe aus sich selbst schnell vorwärtskommen
kann." Für den Leiter der Gesamtoperationen stellte aber eine Unter¬
brechung der Offensive der Heeresgruppe Mackensen das Gelingen seiner
eigenen, aus einen Cntscheidungsschlag gegen die Hauptmasse des Feindes
gerichteten Pläne in Frage. Hatte doch der bisher günstige Verlauf der
Dinge, besonders auch an der Narew-Front, erst vor kurzem in ihm die Hoff¬
nung wachgerufen, „daß die Entscheidung in dem Kampf gegen Rußland
in dem Raume südlich des Narew fallen"3) werde. Um dieses Ziel zu er¬
reichen, durfte der konzentrische Druck von Nordwest und Süd gegen die im
Raume zwischen Bug und Weichsel befindlichen Massen des Feindes an
keiner Stelle auch nur vorübergehend nachlassen. Cs kam also darauf
an, die ins Stocken geratene Offensive der Heeresgruppe Mackensen so
schnell als möglich wieder in Fluß zu bringen. Als das wirksamste Mittel
hierzu bezeichnete General von Falkenhayn in dem erwähnten Schreiben
an den Oberbefehlshaber Ost die ununterbrochene Fortführung der Narew-
Operation unter Einsatz aller verfügbaren Kräfte, da eine unmittelbare
Unterstützung der Heeresgruppe Mackensen durch Zuführung frischer Ver¬
bände infolge der ungünstigen Eisenbahn- und NachschubverhältniffeH in
Galizien und Südpolen nicht angängig erschien.
Daneben war er aber auch bestrebt, die noch westlich der Weichsel
stehenden Kräfte, die 9. Armee und die Armee-Abteilung Woyrsch, zu mög¬
lichst baldiger Einwirkung auf den Gang der Kriegshandlung jenseits des
Stromes zu bringen3). Noch am 21. Juli schlug er daher Generaloberst
von Conrad vor, diese beiden Verbände zu einer, der deutschen Obersten
Heeresleitung unmittelbar zu unterstellenden Heeresgruppe unter Befehl des
1) S. 315. — 2) S. 318. — s) S. 315. — 4) S. 388. — 5) S. 317.