Die Abwehr in Litauen und Kurland.
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gehalten werden, um den Eindruck der deutschen Überlegenheit möglichst
lange zu wahren.
Am 7. Mai stieß die bayerische Kavallerie-Division des Kavallerie- 7. Mai.
korps Richthofen östlich von Kiejdany tief in den Rücken des dortigen
Gegners vor und unterbrach nahe der Wilia die Bahn nach Wilna. Den
russischen Widerstand im Raume von Kiejdany selbst zu brechen, gelang
aber nicht. Drei russische Kavallerie-Divisionen sollten gegenüberstehen,
nach Gefangenenaussagen außerdem ein russisches Korps ausgeladen werden.
Bon Mitau her, wo ebenfalls die Ausladung eines Korps gemeldet wurde,
erreichte der Feind, auf der großen Straße vormarschierend, Ianischki und
rückte außerdem mit mindestens sieben Bataillonen nördlich der Bahn
Mitau—Murawjewo in der Richtung auf Libau vor, das aber am Abend
des Tages bereits unmittelbar vor dem Fall stand. Cs machte sich fühl¬
bar, daß der Gegner auf vier Vollbahnen, je einer von Wilna, Düna¬
burg, Iakobstadt und Riga, Verstärkungen heranführen konnte, während
man deutscherseits von der Grenze an auf Fußmarsch angewiesen war. Die
Russen versammelten anscheinend 2 y2Korps und drei bis vier Kavallerie-
Divisionen im Raume Kowno—Poniewiez—Mitau. Damit war das
operative Ziel des deutschen Unternehmens gegen Kurland, Ablenkung des
Gegners und Abziehen seiner Reserven, erreicht. Schon jetzt waren dazu,
abgesehen von den bisher im Abschnitte stehenden Kräften, insgesamt an
die vier Divisionen Infanterie und zwei Kavallerie-Divisionen aufgeboten,
die an anderer Stelle ausfielen.
Der Oberbefehlshaber Ost wünschte die errungenen Erfolge
festzuhalten. Das war um so schwieriger, als die Front eine erhebliche Aus¬
buchtung erfahren hatte und jetzt um reichlich 100 Kilometer länger war als
die Ausgangslinie Iurborg—Tauroggen—Polangen. Gerade am 7. Mai
forderte aber die O b e r st e Heeresleitung^) „für den Fall, daß
Italien auf seiten unserer Gegner in den Krieg eingreifen sollte", erheb¬
liche Kräfte vom Oberbefehlshaber Ost. Die drei neu aufzustellenden Infan¬
terie-Divisionen^) würden dann in keiner Weise genügen. Angesichts des
Ernstes der Lage hätten in solchem Fall alle Rücksichten zweiter Ordnung
selbstverständlich keinerlei Bedeutung; dem Oberbefehlshaber Ost müsse
dann eine rein defensive Aufgabe zugewiesen werden. Sollte sich hierin in¬
folge des Sieges in Galizien etwas ändern, so würde sich das Herausziehen
von Kräften erübrigen. Generalfeldmarschall von Hindenburg ant¬
wortete, er werde außer den neuen Divisionen noch zwei Infanterie-Divi-
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