Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland. 617 auf welchem Wege diefe Schlußabrechnung angestrebt werden sollte, welche Bedeutung insbesondere dabei nunmehr dem Kampfe gegen Rußland zukam, die Ansichten der verantwortlichen Persönlichkeiten schon im Herbst 1914 stark voneinander ab. Während General von Conrad und bald darauf auch der Oberbefehlshaber Ost bei der nach dem Fehlschlagen des Ppern- Angriffs von Grund aus veränderten Kriegslage im Westen der Auffassung waren, daß die militärische Niederwerfung Rußlands dem Cntscheidungs- kämpfe gegen die Westmächte vorangehen müffe, sah der deutsche General¬ stabschef in der unentwegten Fortsetzung des Versuches, die Franzosen und Engländer niederzuringen, die alles überragende Aufgabe. Den Kampf gegen Rußland wollte er auch weiterhin nur hinhaltend, um Zeitgewinn, als Rückendeckung für die deutsche Westfront geführt wissen. Wenn hierbei gewiß auch Offensivschläge anzustreben waren, so sollte doch der deutsche Kräfteeinsatz im Osten in möglichst eng gezogenen Grenzen bleiben. Dieser Gesichtspunkt war für General von Falkenhayn auch noch ma߬ gebend geblieben, als er nach dem endgültigen Scheitern der deutschen An¬ griffe in Flandern Mitte November sich nicht mehr der Erkenntnis ver¬ schließen durfte, daß der Zeitpunkt, zu dem der Entscheidungskampf im Westen mit Aussicht auf Erfolg ausgetragen werden konnte, hinausgerückt war. Seine möglichst baldige Wiederaufnahme blieb leitender Gedanke. Wohl ließ sich Ende November angesichts der Notlage, in die die Krieg¬ führung im Osten durch die Übermacht der Russen geraten war, eine nam¬ hafte Verstärkung des Ostheeres nicht mehr vermeiden. Gleichwohl sah General von Falkenhayn noch gegen Jahresende 1914 dessen Aufgabe ledig¬ lich darin, „die Russen bis zur Weichsel bzw. in ihre Brückenköpfe zurück¬ zuwerfen, im übrigen so schleunig wie möglich mit den gegenüber West- preußen und in Ostpreußen stehenden russischen Teilen aufzuräumen, sich dann aber auf eine mehr hinhaltende Kriegführung zu beschränken"^). Eine ähnliche Aufgabe fiel nach seiner Ansicht der Führung des österreichisch¬ ungarischen Heeres in Galizien und Serbien zu, „mit deren Lösung sie für die Wintermonate genug zu tun"1) habe. Man würde indessen fehlgehen, wollte man die Zurückhaltung des deutschen Generalstabschess gegenüber den auf entscheidungsuchende Krieg¬ führung gegen Rußland zielenden Vorschlägen der Führer an der Ostfront als Ausfluß starren Festhaltens an seiner einmal gewählten Lösung an¬ sehen, nach der die Westentscheidung auf unmittelbarem Wege anzustreben war. Seine Zurückhaltung entsprang vielmehr grundsätzlichen Er¬ wägungen über die aus der Eigenart des Kriegsschauplatzes und den *) Band VII, S. 74.