Letzte Möglichkeit der Herbeiführung einer Entscheidung im Osten. 613 Neben der glücklichen Lösung der bulgarischen Frage war für die Herbeiführung eines Sonderfriedens mit Rußland vor allem die weitere Entwicklung der militärischen Lage auf dem östlichenKriegsschau- p l a h selbst von ausschlaggebender Bedeutung. Hier hatten sich freilich die im Juli gehegten Hoffnungen der Obersten Heeresleitung auf Niederwerfung der russischen Hauptkräfte in Polen nicht in vollem Umfange erfüllt. Bereits Anfang August mußte, wie erwähnt1), ernsthaft damit gerechnet werden, daß es den Ruffen durch einen ebenso geschickt wie tatkräftig durchgeführten Rückzug gelingen werde, sich der ihnen im Raume zwischen Bug, Weichsel und Rarew zugedachten Um¬ fassung zu entziehen. Die letzte Möglichkeit, den erhofften feldzugs¬ entscheidenden Erfolg durch eine neue Operation zu erreichen, bot sich nach Auffassung des Oberbefehlshabers Ost um die Monatswende Juli/August. General von Falkenhayn fand bei seiner Rückkehr von der Metzer Be¬ sprechung in Pleß den Antrag2) zur Verlegung des Schwerpunktes von der Rarew- nach der Rjemen-Front vor. Wenn die bereits am 2. Juli in Posen vom Oberbefehlshaber Ost vorgeschlagene Operation überhaupt noch zu erfolgreicher Durchführung kommen sollte, so war nach Ansicht des Generalfeldmarschalls von Hindenburg keine Zeit zu verlieren. Die Zu¬ stimmung des Generals von Falkenhayn zu diesem Plane hätte indessen nicht nur die Einstellung der allerdings operativ nicht mehr entscheidenden, aber doch noch für sehr aussichtsreich angesehenen Verfolgungsoperation in Polen, sondern auch den Einsatz aller irgendwie verfügbaren Ver¬ stärkungen einschließlich entbehrlicher Teile der Heeresreserve der Westfront auf dem linken Flügel des deutschen Ostheeres notwendig gemacht — mög¬ licherweise sogar die Verschiebung des serbischen Feldzuges auf einen vor¬ läufig nicht bestimmbaren Zeitpunkt. Eine Feldzugsentscheidung hielt der Generalstabschef aber als nach den bisherigen Erfahrungen auch auf diesem Wege nicht mehr für erreichbar. Andererseits befürchtete er, daß die für eine solche Offensive einzusehenden erheblichen Kräfte für eine Verwendung an anderen Fronten auf absehbare Zeit ausfallen würden. Die baldige Durchführung des serbischen Feldzuges sah er aber nach der gesamten Kriegslage für notwendiger an als selbst noch so beachtenswerte weitere Teilerfolge an der Ostfront. Dieser Auffassung entsprechend, glaubte er daher die Zielsetzung im Osten beschränken zu müssen. Hier ge¬ nügte ihm ein „den Zwecken der Obersten Heeresleitung entsprechender entscheidender Sieg". Einen solchen hoffte er am schnellsten durch kräftige Fortführung der im Gange befindlichen Operationen zu erreichen, bei denen !) S. 611. — -) S. 341.