600 Der Mehrfrontenkrieg im Sommer 1915. von Falkenhayn die Bemühungen der Verbündeten darauf gerichtet sein, Rumänien durch Zusicherung militärischer und wirtschaftlicher Garantien zu gewinnen, übereinstimmend war man der Auffassung, daß es notwendig sei, die Gegensätze zwischen Bulgarien und der Türkei zu über- brücken. Die Hoffnung auf eine Einigung dieser beiden Staaten schien vorhanden, da die Hohe Pforte nach soeben eingetroffenen Nachrichten eine Gebietsabtretung an Bulgarien bis zur Maritza-Linie keineswegs ablehnte und als Gegenleistung lediglich den Abschluß eines Bündnisses mit Bul¬ garien forderte. Gelang es, in diesen Fragen ein Übereinkommen zu er¬ reichen, so war die erste Bedingung für die Schaffung eines „Balkan- Bundes" erfüllt, dessen Begründung General von Falkenhayn im Laufe der Besprechung von neuem anregte; als weitere Voraussetzung hierfür befürwortete er mit Nachdruck die Verständigung zwischen Österreich-Ungarn und Serbien. Die Unsicherheit der politischen Lage wurde in der nächsten Zeit durch Alarmmeldungen von den Dardanellen noch erhöht. Am 9. Juni berichtete der deutsche Botschafter, Freiherr von Wangenheim, aus Kon¬ stantinopel, daß durch die letzten Landangriffe englisch-französischer Streit- kräfte auf Gallipoli die türkische Widerstandskraft außerordentlich erschüttert sei. Die feindliche Artillerie habe erhebliches Übergewicht gewonnen, und die türkische Munitionsherstellung könne mit dem Verbrauch nicht mehr Schritt halten. „Cs muß unter allen diesen Umständen mit dem Fall der Dardanellen gerechnet werden, falls es nicht gelingt, schleunigst mit Rumänien zu einer Verständigung zu gelangen, welche die Munitions¬ durchfuhr sicherstellt... Länger als einen Monat können meines Erachtens die Dardanellen sich nicht mehr halten." Unmittelbar darauf — Mitte Juni — begann indes die erfolgreiche Operation der Verbündeten auf dem galizischen Kriegsschauplätze ihre stim- mungsmäßige Rückwirkung auf den Balkan in solchem Maße auszuüben, daß die Abbeförderung des größeren Teiles der in Südungarn stehenden deutschen Verbände zum galizischen Kriegsschauplätze möglich erschien'). Dieser Vesierung der Lage war es vornehmlich zu danken, daß es der Entente damals nicht gelang, Rumänien und Bulgarien auf ihre Seite zu ziehen. Wenn indessen auch eine Schwenkung in das feindliche Lager vermieden wurde, so blieb die rumänische Regierung doch fest in ihrer Weigerung, die Durchfuhr der für die Türkei dringend notwendigen 1) S. 242. Der gleiche Gedanke wird auch im Schreiben des Generals von Fal¬ kenhayn vom 14. Juni an General Cnver Pascha zum Ausdruck gebracht.