496 Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna. I. bis 3. Sep- Vis zum 1. September kamen die vordersten Truppen der 12. Armee an tem&et. Ed über den von Natur starken Swislocz-Abschnitt; der erwartete feind¬ liche Widerstand blieb selbst hier aus. Die 8. Armee konnte dank vorzüg¬ licher Leistungen ihrer Pioniere die Vobr-Sümpfe verhältnismäßig rasch überwinden und stand an diesem Tage vor Grodno. Die Festung Grodno hatte sich seit 1913 durch Vorschieben einer neuen Fortslinie, die im Westen zwölf Kilometer vor der Stadt lag, im Ausbau zu einem starken, neuzeitlichen Waffenplatze befunden; im Kriege waren die Verstärkungsarbeiten weitergeführt worden. Am die Verfolgung in Fluß zu halten, mußte mit der Festung rasch abgerechnet werden. Der Angriff sollte gegen die Nordwestfront geführt werden. Von der bereitgestellten, an Zahl ohnehin nur schwachen Belagerungs¬ artillerie waren die schwersten Batterien noch nicht heran; die Masse der schweren Batterien eröffnete am 1. September das Feuer gegen die Forts III und II. Inzwischen war aber die gegen die Südwestecke der Festung vor¬ gehende 1. Landwehr-Division unter General der Infanterie von Iacobi schon dicht an das Fort XV herangekommen und ließ, nachdem ihre Mörser und schweren Feldhaubitzen gewirkt hatten, mittags zum Sturm antreten, kam aber nicht zum Ziel. Am Nachmittage gelang jedoch ein neuer Versuch bei nur noch geringer feindlicher Gegenwirkung. Die Ruffen waren auf eine Zwischenstellung ausgewichen; der unerwartet leicht errungene Erfolg und abgehörte Ferngespräche deuteten darauf hin, daß sie an ernstliche Ver¬ teidigung des Platzes nicht mehr dachten. Der nächste Tag bestätigte diese Auffassung. Unter leichten Kämpfen gegen russische Nachhuten konnten die vom Gegner verlassenen Werke besetzt werden; der Übergang über den Njemen begann. Der 3. September brachte zwar noch heftige feindliche Gegenangriffe gegen die auf das rechte Flußufer vorgeschobenen Teile der 8. Armee, dann aber ging der Gegner aus Skidel und Ieziory zurück. Die Beute beschränkte sich auf 3600 Gefangene; sechs schwerste Geschütze, darunter zwei japanische, wurden vergraben aufgefunden. Der Russe hatte die Räumung der an sich starken Festung vermutlich schon frühzeitig ein¬ geleitet*), aber nicht mehr ganz durchführen können, seit der Verkehr auf der Bahn nach Wilna durch das Vordringen der deutschen 10. Armee2) gesperrt war. Nachdem dann die russische Gesamtfront im Süden wie im Norden bereits östlich von Grodno verlies, war angesichts des deutschen Artillerie¬ aufmarsches auch die Besatzung zurückgenommen worden; die Erfahrungen von Nowogeorgiewsk und Kowno mögen mitgesprochen haben. i) S. 452. — -) S. 489.