388 Die Offensive der Verbündeten aus Brest Litowsk. Der weite Raum zwischen Bug und Weichsel, in den die Heeresgruppe bereits um die Monatswende Juni/Juli eingetreten war und in dem künftig um die Entscheidung gerungen werden sollte, trägt in seinem südlichen Teil bis etwa in Höhe von Cholm—Iwangorod den Cha¬ rakter des Hügellandes, nördlich davon geht er mehr und mehr in Flachland über. Größtenteils mit ausgedehnten, dichten Waldungen bedeckt und von zahlreichen Wasser laufen mit sumpfigem Niederungsland nach verschiedenen Richtungen hin durchzogen, bot das abschnittsreiche Gelände dem Verteidi¬ ger überall günstige Stellungen, zu deren künstlicher Verstärkung die Be¬ völkerung in weitem Umfange herangezogen wurde. Große, mit festem Untergrund versehene Straßen waren nur in beschränkter Zahl vorhanden. Eisenbahnen fehlten in dem 100 Kilometer tiefen Raum von der galizisch- mffischen Grenze bis zur Linie Cholm—Lublin überhaupt, mit Ausnahme der von den Russen noch nicht völlig fertiggestellten und inzwischen wieder zerstörten Strecke Rozwadow—Lublin*). Cs stand daher zu erwarten, daß die Regelung des Nachschubs ernsten Schwierigkeiten begegnen würde. Entsprechend einer Anregung des Armee-Oberkommandos 11 hatte der Chef des Feldeisenbahnwesens bereits Ende Juni den sofortigen Ausbau einer eingleisigen Feldbahn angeordnet, die im Anschluß an die Cisenbahnstrecke Rawa Ruska—Belzec über Zamosc in allgemeiner Richtung auf Cholm die Verbindung mit dem russischen Vollbahnnetz Herstellen sollte2). Ähnlich lagen die Verhältnisse im Raume östlich des Bug. Hier traten die südwestlichen Ausläufer des großen Rokitno-Sumpfgebietes auf breiten Strecken bis dicht an den Fluß heran. Die Schwierigkeiten, die sich daraus für die Bewegungen großer Truppenkörper ergaben, wurden frei¬ lich von General von Falkenhayn nach seinem eigenen späteren Zeugnis auf Grund der vorhandenen Karten und Geländebeschreibungen sowie ein¬ gezogener Erkundigungen damals überschätzt. Cs war nicht bekannt, daß „die in den letzten Jahren vor dem Kriege ausgeführten großartigen Arbeiten zur Verbesserung der Vorflutverhältnisse in dem Sumpfgebiet den Wasser¬ spiegel derartig gesenkt hatten, daß die Gangbarkeit der Gegend in so trockenen Sommern, wie es der von 1915 war, eigentlich nur durch die Wasierläufe selbst behindert wurde. Cs wäre sehr wohl möglich gewesen", schreibt General von Falkenhayn2), „sich auch mit stärkeren Truppenverbänden darin !) Erst am 9. August konnte diese Strecke nach umfangreichen Wiederherstellungs¬ arbeiten in Betrieb genommen werden. 2) Der am 29. Juni begonnene Bau kam am 1. August bis Zamosc in Betrieb. Erst am 25. August wurde der Anschluß an die kurz zuvor betriebsfähig hergestellte Vollbahn Cholm—Lublin erreicht. 8) von Falkenhayn, S. 93.