380 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front. Das Zusammenwirken des Angriffs der Heeresgruppe Mackensen und der Armee-Gruppe Gallwih hatte den Russe n nicht die Zeit gelaffen, die Festung Nowogeorgiewsk ebenso planmäßig zu räumen, wie sie es bei anderen Festungen durchgeführt haben. Die Räumung von Warschau hatte die Bahnen voll in Anspruch genommen, die von Nowogeorgiewsk hätte allein weitere 1000 Eisenbahnzüge erfordert. So hatte die russische Oberste Heeres¬ leitung bereits am 5. Juli die ausdrückliche Bestimmung getroffen, daß die Festung Nowogeorgiewsk als selbständiger Platz bis zum äußersten ver¬ teidigt werden solle1). Dem entsprach die Besatzung und Geschützaus¬ rüstung. Mindestens zwei Monate, so rechnete man, werde sich die Festung halten können2). Der Grund für den so unerwartet schnellen Fall wurde dann mit Recht in der Zerstörungskraft der deutschen Artillerie ge¬ sehen; der letzte Funkspruch des Kommandanten hatte von einer Explosion in der Zitadelle gesprochen. Im übrigen, so meinte der Generalstabsches, General Ianuschkewitsch, „Gott mag wissen, ob wirklich allein nur die deut¬ schen Kanonen die Schuld tragen. Wenn 10 000 Mann sich ergeben hätten und 80 000 gefallen wären, dann wäre das verständlich. Aber es haben sich 80 000 ergeben, und nur 10 000 sind gefallen. Da kann man wirklich nicht sagen, daß Nowogeorgiewsk seine Aufgabe ehrenvoll erfüllt habe". 1) Korolkow, „Das mißglückte Kannä", S. 41. 2) Kudaschew-Vrief vom 26. August 1915. — Nach Knox, S. 320, soll anderer- seits das Oberkommando der 1. Armee, dem die Festung zuletzt unterstanden hatte, die Widerstandsdauer nur auf zehn Tage eingeschätzt haben.