366 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front. 20. bis 24. August. Kämpfen und hatten seitdem 1400 Offiziere und 60 000 Mann*) hergegeben. Ein Stopp in dem unausgesetzten Drängen erschien bald unvermeidlich." Auch im Kriegstagebuch des Oberkommandos wurde auf die geringen Ge¬ fechtsstärken der Infanterie hingewiesen, die wie stets die Hauptlast der blutigen Verluste wie der seelischen und körperlichen Anspannung zu tragen hatte. So hatten die Bataillone der 38. und 54. Infanterie-Division nur noch 400 Mann Gefechtsstärke, auch die 4. Garde-Infanterie-Division zählte im ganzen nur 4000 Gewehre. Am 21. August konnte General von Gall- witz „an der Ermattung der Truppe nicht mehr vorbeisehen". Die am folgenden Tage vorübergehend gehegte Hoffnung, den Feind doch nochmals zu werfen, zerrann rasch angesichts der sich mehrenden Schwierigkeiten. „Es wäre jammerschade", schrieb er in sein Tagebuch, „wenn wir jetzt erlahmten, denn bei den Russen sieht es nach Gefangenenaussagen, Briefen und nach ihren enormen Verlusten noch viel trüber aus. Sie sind zum ümrennen reif, wenn wir nur die nötige Kraft ansetzen können. Überall zeigt sich bei ihnen Hoffnungslosigkeit, hauptsächlich wegen unserer Artil¬ lerie ... Ich wollte schon gestern warten, um Ersatz an Artilleriemunition heranzubringen. Aber die Truppe, die besten Willens ist, bandelt immer wieder an und erweckt so bei der oberen Führung den Glauben, es würde schon noch gehen. Mit Bataillonen von 325 Mann ist nicht viel anzu¬ fangen. Run, ihre Pflicht hat die Armee erfüllt." Russische Gegenstöße, die auch an diesem Tage gemeldet wurden, hielt der General „für ä outrance von oben befohlen, für letzte Versuche, das Blatt zu wenden oder wenigstens sich Bewegungsfreiheit zu verschaffen". Günstiger als bei der 12. Armee lagen die Verhältniße bei der 8. Armee, die noch nicht so lange und auch nicht so schwer zu kämpfen gehabt und dabei bessere Nachschubbedingungen hatte. Bet so entschiedener Minderung der Angriffskraft der Hauptarmee war es schließlich von geringerer Bedeutung, welche Richtung dem rechten Flügel des Oberbefehlshabers Ost für das weitere Vordringen gegeben wurde. Noch wünschte die Oberste Heeresleitung, die Hauptkraft in rein östlicher Richtung wirken zu taffen, während der Ober¬ befehlshaber Ost seit der Einnahme von Osowiec erst recht eine n o r d östliche Richtung für notwendig hielt, um das Vorgehen der 10. Armee gegen Wtlnct2) wenigstens mittelbar zu fördern. Cr befahl daher am 24. August in Fortsetzung der am 19. August — wie er glauben mußte — in Überein¬ stimmung mit der Obersten Heeresleitung2) gegebenen Weisung, daß „nach Cinahme von Bialystok" die Bahn von da über Sokolka nach Grodno die *) Vgl. S. 360. — 2) S. 483 f. — --) S. 363.