542 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front. >.Z«n. stabschef unmittelbar nach seiner Rückkehr vom westlichen Kriegsschauplatz die Entscheidung des Kaisers ein. Vor knapp einer Woche, am 24. Juli, hatte er ihm die Absicht vorgetragen, die Festungen Iwangorod, Warschau, Rowogeorgiewsk „mit abzuschließen, aber sonst der zurück-' weichenden, russischen Armee nachzujagen, um sie zu vernichten, ehe sie den Vug überschreitet'"). Inzwischen war am 29. Juli der Weichsel-Übergang der Armee-Abteilung Woyrsch geglückt, und gleichzeitig hatte die Heeres¬ gruppe Mackensen ihre Offensive nach mehrtägiger Pause mit einem be¬ trächtlichen Anfangserfolge wieder ausgenommen. So konnte General von Falkenhayn jetzt darauf hinweisen, daß der Oberbefehlshaber Ost bei der Beurteilung der Schwierigkeiten dieser beiden Heeresteile von unzu¬ treffenden Voraussetzungen ausgegangen sei. Die erfreuliche Wendung auf dem südlichen Teile des polnischen Kriegsschauplatzes hatte aber auch wieder die Hoffnung in ihm belebt, auf dem eingeschlagenen Wege noch einen großen Erfolg zu erringen. Cr glaubte nicht, daß sich die Russen durch baldigen Rückzug auf die Linie Brest—Vialystok der Schlachtentscheidung entziehen würden. Die darauf bezügliche Stelle im Schreiben des Generalfeldmar- schalls versah er mit der Randbemerkung: „Vorher müssen die Russen ge¬ schlagen sein, ehe sie sich dazu entschließen." Der Kaiser stimmte den Vorschlägen seines Generalstabschefs zu. Das Schreiben, in dem dieser dem Oberbefehlshaber Ost von der Entschei¬ dung Kenntnis gab, enthielt aber zum ersten Male auch ein gewisses Zuge- ständnis an den operativen Grundgedanken, den dieser seit der Besprechung in Posen am 2. Juli mit ständig gesteigertem Nachdruck vertreten hatte. General von Falkenhayn gab zu, daß es an sich zweifellos höchst wün¬ schenswert sei, mit einer starken Armee am mittleren Rj einen zur Offensive zu schreiten, fuhr dann aber fort: „Zeit und Raum machen es aber leider unmöglich, diese Armee aus Abgaben von Woyrsch und Mackensen so zu bilden, daß der Feind nicht unschwer rechtzeitig Gegen¬ maßregeln treffen könnte. Eine sichere Folge wäre das Festlegen unserer gesamten jetzt hier eingesetzten Kräfte bis in den Winter hinein. Dies muß jedoch unter allen Umständen vermieden werden. Cs bleibt also nur übrig, die Niederwerfung des Gegners durch kräftigste Fortführung der im 9 Tagebuchaufzeichnung des Generalobersten von Plessen, der hinzugefügt hatte: „Diese Absicht wird uns, fürchte ich, nicht mehr gelingen, da der Abmarsch rechtzeitig begonnen, sehr geschickt ausgeführt wird. Mit dieser Lage verschlechtert sich unsere Sache sehr, da wir den hinter dem Bug gesammelten Kräften gegenüber mehr stehen lassen müssen, als wir wünschten, in Anbetracht der dringenden Rot, mit viel Armeekorps nach dem Westen zu eilen." Tatsächlich wies die Lage im Westen so dringende Rot damals allerdings nicht auf (S. 99 f.).