274 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front. 2. In«. Gefahr lief, in exzentrischer Richtung zu zerflattern und lediglich zu größerer Ausdehnung zu führen". Die Oberste Heeresleitung brauchte einen Er¬ folg, der rasche und entscheidende Wirkung auf das Ringen zwischen Vug und Weichsel versprach. Einen solchen aber erwartete General von Falken¬ hayn von der Operation über Kowno selbst dann nicht, wenn sich ein erheb¬ lich größerer Krästezuwachs für diesen Frontabschnitt ermöglichen ließe, als er ihn angesichts der Gesamtlage für zulässig hielt, und wenn es damit ge¬ länge, die Offensive des linken Heeresflügels in der Richtung auf und über Wilna gegen die rückwärtigen Verbindungen des Feindes fortzuführen. „Die Russen hatten die Gefahren der operativen Auffassung längst erkannt . . . und die Gegenmittel dagegen anzuwenden gelernt. Deren Gebrauch erleichterte ihnen ihre Überlegenheit in der Zahl, ihr leistungsfähigeres Eisenbahnnetz und die Rücksichtslosigkeit, mit der sie Boden preisgeben konnten und erfahrungsgemäß preisgaben, sobald es ihnen zweckmäßig schien1)." Run hatte die Heeresgruppe Mackensen am 28. Juni den Auftrag er¬ halten, gegen die Russen zwischen Vug und Weichsel vorzugehen«); die Opemtionsrichtung des Oberbefehlshabers Ost war dabei zunächst noch offengelaffen worden. Inzwischen aber hatte sich General von Falkenhayn im Sinne des Conradschen Planes«) für die Offensive aus dem Raum der Armee-Gruppe Gallwitz gegen und über den unteren Rarew entschieden, mit dem weiteren Ziele eines Stoßes östlich an Warschau vorbei1). Frühere Bedenken gegen diese Operation über den „Sumpfabschnitt" des Rarew hatte er aufgegeben, da das Niederungsland „jetzt wohl bald überall gang¬ bar" sein werbe5). Als Endziel schwebte dem deutschen Generalstabschef vor, durch gleichzeitigen Druck von Süden und von Nordwesten die feind¬ lichen Massen in Polen zusammenzupressen und ihnen wenn möglich den Rückweg abzuschneiden. Entscheidender Sieg über diese namhaften Teil- kräfte des Gegners sollte die bereits in Galizien offenbar gewordenen Er¬ schütterungen des russischen Heeres derart steigern und erweitern, daß es zu offensiver Betätigung auf lange Zeit hinaus unfähig wurde; solche Wirkung schien ihm das Höchste, was mit den vorhandenen Mitteln in absehbarer Zeit zu erreichen war, und „ein für die Zwecke der Obersten Heeresleitung vollauf genügender Erfolg". Dieser Auffassung entsprechend hielt der Chef des General¬ stabes dem Kaiser im Königlichen Schlöffe zu Posen Vortrag und empfahl „die Mitwirkung der Kräfte Hindenburgs zugunsten der Operation 1) von Falkenhayn, S. 197. —, 2) S. 260. — 3) S. 259. — 4) Tagebuchaufzeich¬ nung des Generals Tappen vom 2. Juli 1915. — 5) S. 200 und 267.