Die Heeresleitungen stimmen der Schwenkung nach Norden zu. 245 Feldheeres dabei an eine entscheidungsuchende Offensive zwischen Vug und Weichsel gegen die Hauptmasse des russischen Heeres gedacht haben sollte. Denn bei einer Verminderung der Kräfte um fünf Armeekorps konnte er eine solche weitzielende Operation schwerlich als erfolgverheißend ansehen. Am Abend des 18. Juni begab sich der Deutsche Kais er in Be¬ gleitung des Generals von Falkenhayn zur 11. Armee. Auf der Eisenbahn- fahrt von Iaroslau nach Radymno berichtete am Morgen des 19. Juni Generaloberst von Mackensen über den günstigen Fortgang der Offensives. Ob hierbei der Gedanke, eine neue Operation im Raume zwischen Vug und Weichsel einzuleiten, zur Sprache gekommen ist, und welche Stellung zu¬ treffendenfalls General von Falkenhayn eingenommen hat, hat sich nicht mehr feststellen lassen. Jedenfalls war aber das Armee-Oberkommando 11 selbst angesichts des günstigen Verlaufs der Kämpfe nordwestlich von Lemberg be¬ strebt, die Bewegungen der ihm unterstellten Armeen während der noch lausenden Operation bereits nach Möglichkeit dem neuen operativen Ge¬ danken, der ihm vorschwebte, anzupassen. Als sich nach dem großen Durch¬ bruchserfolge bei Magierow am Abend des 19. Juni herausstellte, daß der größte Teil des der 11. Armee gegenüber befindlichen Feindes nach Norden abgezogen war, entschloß sich Generaloberst von Mackensen, das Vorgehen seiner Armee nach Osten nicht über die Straße Lemberg—Rawa Ruska hinaus fortzusetzen, sondern der Verfolgung unter Linksstaffelung der Kräfte allmählich die Richtung nach Norden zu geben2). Am späten Abend des 19. Juni trug Oberst von Seeckt auf dem Bahnhof in Iaroslau General von Falkenhayn nach dessen Rückkehr von Radymno an der Hand einer flüchtig hingeworfenen Skizze den Plan für das Einschwenken nach Norden vor. Der deutsche Generalstabsches billigte den Grundgedanken und die getroffenen Anordnungen, behielt sich aber die endgültige Zustimmung noch vor2). General von Conrad trat dem Entschlüsse des Armee-Ober¬ kommandos 11 sogleich bei, ließ nur noch die Frage offen, ob Teile der 11. Armee vorerst zum umfassenden Vorgehen gegen die Nord- front von Lemberg im Einklang mit der 2. Armee Verwendung finden müßten. Schon am nächsten Tage, dem 20. Juni, erwies sich, daß dies nicht erforderlich war4). Im Sinne seines operativen Leitgedankens ver¬ sagte sich daher das Armee-Oberkommando 11 nunmehr auch einer An¬ regung des Kommandierenden Generals des XXII. Reservekorps, dessen rechter Flügel vormittags im Anschluß an das Gardekorps die Bahnlinie 1) Tagebuchnotiz des Generalobersten von Plessen. — 2) S. 232. — 3) Zu¬ schrift des Generalobersten von Seeckt vom 27. Juni 1931 an das Reichsarchiv. — 4) S. 233.