244 Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien. von Falkenhayn trug sich sogar, allerdings nur vorübergehend, mit dem Gedanken, die beiden aus Syrmien nach Galizien zur Südarmee rollenden Divisionen nach dem westlichen Kriegsschauplätze abzulenken'). Auch stimmte ihn ein von Oberst von Seeckt in seiner Beurteilung der Lage aus¬ gesprochener Zweifel bedenklich, ob die ö.-u. 4. Armee allein imstande sein würde, während der noch laufenden Operation auch weiterhin die linke Flanke der 11. Armee zu decken. Am 16. Juni sah er sich zu der Mitteilung an den Oberbefehlshaber Ost veranlaßt, daß dieser auf zwei soeben in seinem Befehlsbereich durch Einsatz von Landstmmformationen freiwerdende Divi¬ sionen nicht sicher für seine Zwecke rechnen dürfe2). In dem Schreiben hieß es: „Der Druck der Westfront wird jetzt so stark und die Notwendigkeit, die linke Flanke der 11. Armee während ihres entscheidenden Vorstoßes nach Osten wirksam zu unterstützen, kann so zwingend werden, daß der Einsatz der Divisionen an der einen oder anderen Stelle unvermeidlich werden könnte." Eine ähnliche Auffassung über die Fortführung der Operationen auf dem östlichen Kriegsschauplätze wie Oberst von Seeckt vertrat unabhängig von ihm der Chef der Operationsabteilung, Oberst Tappen. Am 18. Juni schlug er General von Falkenhayn vor, nach dem Falle von Lem¬ berg „zwischen Bug und Weichsel in Richtung auf Warschau und gegen die dort befindlichen starken russischen Kräfte vorzustoßen, um den Krieg mit Rußland damit zu Ende zu bringen oder wenigstens seine Widerstandskraft ganz zu brechen2)". Er glaubte, daß es zur Lösung dieser Aufgabe nicht mehr aller zur Zeit in Galizien eingesetzten deutschen Kräfte bedürfe, und schlug vor, nach Abschluß der gegenwärtigen Operation zwei Armeekorps nach dem westlichen Kriegsschauplatz zurückzubefördern, um mit ihnen bei der 6. Armee erforderliche Ablösungen vorzunehmen. General von Falkenhayn selbst hoffte in der Verminderung der deutschen Oststreitkräfte noch erheblich weiter gehen zu können. „Seine Exzellenz einverstanden", so heißt es im privaten Tagebuch des Obersten Tappen, „will aber noch drei Korps zu Gaede bringen, um Elsaß zu säubern. Ob diese drei Ziele gleichzeitig zu erreichen sind, muß noch geprüft werden." Wenn sich das hier vermerkte Einverständnis des Generals von Falkenhayn nicht nur auf die Zurückbeför¬ derung der Kräfte nach dem Westen, sondern auch auf die Fortführung der Operationen im Osten entsprechend dem Vorschlage des Obersten Tappen bezogen hat, so ist kaum anzunehmen, daß der Chef des Generalstabes des 1) Tagebuchnotiz des damaligen Obersten Groener. 2) S. 128. 3) Aus nichtveröffentlichten Kriegserinnerungen des jetzigen Generalleutnants a. D. Tappen.