122 Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli. 23. Mai. Verstärkung durch zwei Armeekorps es für möglich halte, „die endgültige Entscheidung in unserem Kampfe gegen Rußland zu erzwingen". Eine solche Gestaltung der Verhältnisse wäre bei der von Italien drohenden Gefahr, wie er nicht näher darzulegen brauche, von höchstem Wert. Cr fragte daher, wie die Durchführung gedacht sei und ob sich übersehen lasse, wann wieder nennenswerte Kräfte für andere Aufgaben stet sein würden. Der Ober¬ befehlshaber Ost antwortete sofort, eine endgültige Entscheidung gegen Rußland könne er auch bei Überweisung von zwei weiteren Armeekorps nicht gewährleisten. Dagegen würde es möglich sein, durch ihren Ein¬ satz oder wenigstens den der drei an seiner Front neu gebildeten Divi¬ sionen1) „wirksame taktische Schläge zu führen. In Frage käme ein Angriff zur Vernichtung der nördlich des Njemen fechtenden, auf sieben bis acht Divisionen zu schätzenden russischen Kräfte oder ein Durchbruch auf die Linie Kalwarja—Marjampol". Auch verspräche er sich bei günstigem Winde viel von ihrem Einsatz bei der 9. Armee, wo gerade ein Gasangriff vorbereitet wurde'-). Einen genauen Zeitpunkt, wann diese Kräfte wieder für andere Aufgaben stet sein würden, könne er jedoch nicht angeben. Er¬ halte er keine Verstärkungen, so könne die 9. Armee nach Durchführung des Gasangriffes mindestens eine Division freimachen; eine weitere Division könne er abgeben, wenn das jetzt besetzte russische Gebiet nördlich des Rjemen nebst Libau geräumt würde. Vei der jetzigen starken russischen Truppenansammlung würde aber dort ein ganzes Korps nur dann entbehrt werden können, wenn die Preisgabe des Kreises Memel in Kauf ge¬ nommen würde. Zu mündlicher Besprechung all dieser Fragen werde Generalleutnant Ludendorff — falls das erwünscht sei — nach Pleß kommen. Das Ergebnis einer daraufhin am 23.Mai, dem Tage der italieni¬ schen Kriegserklärung an Osterreich-Angarn, in Pleß abgehaltenen Besprechung war, daß große neue Unternehmungen im Bereiche des Oberbefehlshabers Ost einstweilen nicht in Frage kämen. Das Bedürfnis, die jetzige Frontlinie zu halten, müsst möglichst mit der Notwendigkeit in Einklang gebracht werden, weitere Truppen zur Verfügung der Obersten Heeresleitung stei zu machen, wozu General Ludendorff durchaus bereit war3). Seinem Angebot entsprechend wurden die drei neugebildeten Divi- !) S. 117. — 2) S. 133. 3) Der ihn begleitende Generalstabsoffizier, Hauptmann von Waldow, schrieb darüber am 24.Mai in sein Tagebuch: „Cs war so schön, wie General Luden- dorff sagte: »Ich gebe gern, wenn ich nur weiß, daß es auf der richtigen Stelle zum Siege eingesetzt wird.« Cr selber ist es gewesen, der der Heeresleitung die Divisionen angeboten hat."