118 Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli. 8. und 8. Mai. fronen frei machen können, darunter die 1. Reserve-Division des I. Reserve- korps; Teile könnten jetzt schon abgefahren werden. Wenn diese Abgaben durchgeführt werden mußten, bestand aber kaum noch Aussicht, das eroberte Gebiet nördlich des Njemen zu behaupten; einst¬ weilen aber dachte man es zu halten. General von Lauen st ein wollte die Abwehr an der Dubissa führen und nach Nordwesten unter Ausnutzung des Windau-Laufes Anschluß nach Libau nehmen, das sichere Anlehnung an die See bot. Ob Schauten, das als großer Ort wichtig war und reiche Vorräte barg, aber vorwärts der Dubissa—Windau-Linie lag, gehalten werden könne, war fraglich. Als dann am 8. Mai Libau genommen war, die O b e r st e Hee¬ resleitung auf den Abtransport der 1. Reserve-Division zunächst ver¬ zichtet hatte1) und die Russen von Mitau vorrückten, drahtete der Ober¬ befehlshaber Ost nach Pleß: „Wir müßen nun wissen, welche Be¬ deutung Libau für die Marine hat. Vorläufig richten wir Libau zur Ver¬ teidigung her und wollen es halten." Die Absicht, eine Infanterie-Brigade auf dem Seewege dorthin zu bringen, mußte jedoch aufgegeben werden, da Admiral Hopman die Sicherheit der Überfahrt nicht verbürgen konnte. Am 9. Mai antwortete die Oberste Heeresleitung, die Marine2) habe kein Interesse daran, Libau dauernd zu halten, und könne Truppen und Kampf¬ mittel für diesen Zweck nicht in Aussicht stellen. Etwaige Verstärkungs¬ arbeiten könnten „also nur Täuschungszwecken dienen". Daraufhin ent¬ schloß sich der Oberbefehlshaber Ost, Libau wenigstens so lange zu halten, als es die Verhältnisse gestatteten. Die Oberste Heeresleitung war ein¬ verstanden, doch zwinge die allgemeine Lage augenblicklich, „Vorkommnisse möglichst zu vermeiden, die von unseren Gegnern mit einem Schein von Recht als ernste Schlappe ausgelegt werden können. Eine etwa beabsichtigte Räumung der Stadt muß vorher von uns in vorbeugender Weise veröffent¬ licht werden". Truppen und Material sollten in Libau nur so weit festgelegt werden, als sichere Rückführung gewährleistet sei. Auf ernsthaften Kampf um die Stadt werde man sich schon deshalb nicht einlassen dürfen, weil es dann „schwer wäre, das Unternehmen Lauenstein als einen Täuschungs-Streifzug darzustellen, wozu es nach der jetzigen Lage doch wohl kommen wird". Unter Leitung des inzwischen zum Gouverneur von Libau ernannten Generalleutnants von Pappritz begann der Ausbau des Platzes zu einem Stützpunkt für den deutschen linken Heeresflügel. Auch der Oberbefehls¬ haber der Ostsee-Streitkräfte maß dem Besitz des Hafens nach wie vor Bedeutung zu, wies aber auch darauf hin, daß die Unterstützung *) Band VII, S. 420. — -) Seekrieg, Ostsee, Band II, S. 88 ff.