Die Aufmärsche. 27 birgscharakter tragende Kampfgebiet begünstigte eine defensive Kriegführung in hohem Maße und glich die große Unterlegenheit der ö.-u. Truppen an Zahl wenigstens bis zu einem gewissen Grade aus. Den Hauptstoß des Gegners erwartete man an der Isonzo-Front. Dorthin wurde daher das Schwergewicht der Verteidigung gelegt. Eine Schwierigkeit für die Führung ergab sich sehr bald aus dem Umstande, daß Deutschland und Italien sich noch nicht im Kriegszustände miteinander befanden1). In der Annahme, Rumänien habe sich ver¬ pflichtet, auf seiten der Verbandsmächte in den Krieg einzugreifen, sobald Italien von Deutschland angegriffen werde, bestand deutscherseits die Ab¬ sicht, die Italiener dem Alpenkorps gegenüber als die Angreifer erscheinen zu lasten. Hierdurch entstanden unliebsame Auseinandersetzungen zwischen den Hauptquartieren in Pleß und Teschen, in deren Verlauf die deutsche Oberste Heeresleitung indes auf ihrem Standpunkte beharrte. Auch auf i t a l i e n i s ch e r Seite waren schon im August 1914 Grenz¬ sicherungen aufgestellt worden. Die italienische Armee befand sich infolge der libyschen Expedition in einem derartig geschwächten Zustande, daß mit ihrer baldigen Verwendung in einem größeren europäischen Kriege kaum gerechnet werden konnte. Am 31. Juli hatte der als Nachfolger des ver¬ storbenen Generals Pollio zum Chef des Generalstabes der Armee ernannte General Cadorna dem Könige von Italien eine Denkschrift vorgelegt, in der er unter anderem auf die schweren Hemmungen hinwies, denen das italienische Heer zur Zeit hinsichtlich seiner Kriegsbereitschaft unterworfen sei. Seit einiger Zeit habe die Hauptaufgabe der Armee darin bestanden, „das Auffüllungsdepot für das libysche Expeditionskorps" zu bilden. Dadurch sei ihr der materielle und moralische Zusammenhalt geraubt und die Möglichkeit nutzbringender Ausbildung genommen worden2). Als dann am 20. September das Kriegsministerium vom Generalstabschef Aus¬ kunft über die Bereitschaft des Heeres verlangte, da „internationale und innere Lage für nicht ferne Zeit die Möglichkeit der allgemeinen Mobil¬ machung und der Feldzugseröffnung" nicht ausschlössen, mußte General Cadorna erklären, bei den schweren Mängeln im Vekleidungswesen, in der Ausrüstung und Organisation sei Italien „nicht in der Lage, einen Feldzug zu beginnen"2). Nunmehr wurde die Vorbereitung des italienischen Heeres für den x) S. 10 und 11. — 2) Cadorna: „Altre pagine sulla grande guerra.“ S. 15 bis 23. — s) Cadorna: „La guerra.“ I. Band, S. 47/48.