16 Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915. lichen Handelsschiffe anzuhalten und auf Nationalität und Ladung zu untersuchen. Als Vorbedingung für einen Handelskrieg mit Untersee¬ booten wurde vielmehr die Ermächtigung angesehen, feindliche Handels¬ schiffe durch Torpedoschuß des getauchten Unterseebootes ohne Warnung versenken zu dürfen. Die sichere Unterscheidung neutraler Schiffe von feindlichen, die man ursprünglich für möglich erachtete, wurde allerdings in Frage gestellt, als Ende Januar 1915 den englischen Kauffahrteischiffen amtlich empfohlen wurde, zur Täuschung der deutschen Unterseeboote eine neutrale Flagge zu führen. Jedoch hoffte der deutsche Admiralstab, der Schwierigkeiten allmählich dadurch Herr zu werden, daß die neutrale Schiffahrt sich bei uneingeschränkter Durchführung des Unter¬ seeboots-Krieges, der deutscherseits vor allem als Gegenmaßnahme gegen die Verletzung des Konterbande- und Blockaderechtes durch England geplant war, von dem Befahren der Gewäffer um England immer mehr abhalten lasten würde. Versprach sich doch die Marine von der Abschreckung der Schiffahrt die Hauptwirkung des Unterseeboots-Handels¬ krieges. Der Gedanke, auf diese Art den Handelskrieg zu führen, begegnete aber Bedenken bei der Reichsleitung, die Verwicklungen mit neutralen Mächten, insbesondere mit den Vereinigten Staaten von Amerika be¬ fürchtete. Bei diesen Meinungsverschiedenheiten beobachtete der Chef des General st abes Zurückhaltung. Cr begnügte sich damit, das Interesse der Landkriegführung an der Verhinderung des feindlichen Kanal¬ verkehrs zu betonen. Der Meinungsaustausch zwischen der Marine und der Reichsleitung über die mit dem Unterseeboots-Handelskrieg verknüpften politischen und völkerrechtlichen Fragen zog sich bis Ende Januar 1915 hin. Erst am 1. Februar erklärte sich der Reichskanzler in einer Unter¬ redung, an der auch der Chef des Generalstabes des Feldheeres teilnahm, bereit, seine Bedenken zurückzustellen und der Forderung des Chefs des Admiralstabes nachzugeben. Am 4. Februar erteilte der Kaiser nach Vor¬ trag des Admirals von Pohl seine Zustimmung zum Untersee. boots-Handelskrieg. Durch eine Bekanntmachung des Chefs des Admiralstabes wurden als „Gegenmaßnahme gegen die völkerrechtswidrigen Maßnahmen zur Unterbindung des neutralen Seehandels mit Deutsch¬ land" die Gewässer um Großbritannien als Kriegs¬ gebiet erklärt. Mit einer Zahl von 22 frontbereiten Unterseebooten wurde der Unterseeboots-Handelskrieg eröffnet1). Einsprüche neutraler Mächte, insbesondere der Skandinavischen Länder, der Niederlande und der Vereinigten Staaten von Amerika, gegen die i) Näheres über die Vorgeschichte des Unterseeboots - Handelskrieges vgl. Marine-Archiv „Der Handelskrieg mit U-Vooten", Band I.