Deutschland eröffnet den Unterseeboots-Handels krieg. 15 Anmittelbar nach Ausbruch des Weltkrieges hatte die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika den kriegführenden Mäch¬ ten vorgeschlagen, sich zwecks völkerrechtlicher Regelung des Seehandels¬ krieges4) auf die Innehaltung der seinerzeit von den Seemächten einstimmig angenommenen, aber noch nicht ratifizierten Londoner Seekriegsrechts¬ erklärung vom 26. Februar 19092) zu verpflichten. Während die deutsche Reichsleitung dem Vorschlage der amerikanischen Regierung ohne weiteres zugestimmt hatte, war er von den Feindmächten abgelehnt worden. Der Grund hierfür wurde in den dem Kriegsausbruch folgenden Monaten deutlich erkennbar, als England und Frankreich umfassende Maßnahmen zur Abschnürung und Aushungerung Deutschlands trafen. Als Mittel dienten ihnen insbesondere eine willkürliche, im Widerspruch zur Londoner Er¬ klärung stehende Handhabung des Kriegskonterbanderechts sowie die alle bis¬ herigen völkerrechtlichen Gepflogenheiten außer acht lastende Ausdehnung des Rechtes zur Durchsuchung und Beschlagnahme neutraler Schiffe. Eine be¬ sondere Verschärfung erfuhren die auf Abschließung Deutschlands hin¬ zielenden Maßnahmen durch die Bekanntmachung der britischen Admiralität vom 2.November 1914, in der die ganze Nordsee als Kriegs¬ gebiet erklärt worden war3). Damit wurde der neutrale Handel nach Deutschland in sehr starkem Maße gelähmt. Angesichts der Gefahren, die sich hieraus für die Gesamtkriegführung der Mittelmächte ergaben, unterbreitete der Chef des deutschen Admiral¬ stabes, Admiral v o n P o h l, dem Reichskanzler am 7. November den Vor¬ schlag, als Gegenmaßnahme die Blockade durch Anterseeboote über das britische Inselreich sowie über die Nord- und Westküste Frankreichs zu verhängen4). Der Gedanke, die Anterseeboote zum Handelskriege zu ver¬ wenden, war von den leitenden Stellen der deutschen Marine vor dem Kriege in keiner Weise in Erwägung gezogen worden. Aber schon in den ersten Kriegsmonaten und in verstärktem Maße nach den ersten Anterseeboots- erfolgen kam aus der Anterseebootsftont die Anregung, daß die wirk¬ samste Art der Ausnutzung dieser Waffe ihr Einsatz gegen den feind¬ lichen Handel sein müßte. Dabei herrschte von Anfang an die Ansicht'vor, daß es den Anterseebooten bei der zu erwartenden feindlichen Bewachung auf den Schiffahrtswegen nicht möglich wäre, die Formen des Kreuzer¬ krieges zu beobachten, d. h. bei aufgetauchtem Anterseeboot die feind- 4) Die sonstigen Vorgänge des Seekrieges während des Jahres 1915 gelangen erst im Band IX einheitlich zur Darstellung. 2) „Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft", Band I, S. 315 ff. 3) Band VI, S. 425. 4) Band VI, S. 425/26.