I. Neue Pläne für die Führung des Zweifrontenkrieges. Karten und Skizzen: Nr. 1, 2 und 6. Am 4. November war bei der Obersten Heeresleitung in MZziöres die Meldung des Generalobersten v. Hindenburg über die mit drei Korps der 9. und Teilen der 8. Armee beabsichtigte neue Offensive aus der Linie Posen—Thorn eingegangen; der Zeitpunkt für den Beginn des Angriffes war noch nicht gemeldet). Am gleichen Tage hatte Generalleutnant v. Falkenhayn den schwerwiegenden Entschluß gefaßt), trotz der aufs äußerste gespannten Lage im Osten den Angriff in Flandern fortzusetzen, um durch die Wegnahme des heiß umstrittenen Z)pnn einen sichtbaren Waffenerfolg im Westen zu erringen. Der Osten hatte sich zunächst mit eigener Kraft zu helfen — so gut es eben ging. Mit einer Feldzugsent¬ scheidung in Flandern rechnete General v. Falkenhayn zu diesem Zeit- punkte nicht mehr. Eine tags darauf, am 5. November, eingehende Drahtung des Ver- treters der Obersten Heeresleitung beim österreichisch-ungarischen Armee- oberkommando'), Generalleutnants Freiherrn v. Freytag-Loringhoven, über die geschwundene Offensivkraft des verbündeten Heeres im Verein mit wiederholten ähnlich lautenden Meldungen des Oberbefehlshabers Ost erweckte aber schon Zweifel, ob das Ostheer gegen die große russische Äber- legenheit noch länger ohne Hilfe aus dem Westen würde standhalten können. Wie ernst im Großen Hauptquartier die Gesamtlage in diesen Tagen an- gesehen wurde, läßt auch die Tagebuchaufzeichnung des Generalobersten v. Plesien vom 9. November über den Vortrag des Generals v. Falkenhayn beim Obersten Kriegsherrn erkennen: „. . . Beim Vortrag kein Fortschritt (bei Z)pern). Cs kommt auf einen regulären Velagerungskrieg hinaus, welcher aber noch lange dauert, und wir haben keine Zeit. Der Osten ruft!" In General v. Falkenhayns Absichten für die weitere Führung des Zweifrontenkrieges bahnte sich in diesen Tagen eine bedeutsame Wandlung an: er rang sich zu der Erkenntnis von der Notwendigkeit durch, unverzüg- i) Band V, S. 562. — 2) Band V, S. 564. — 3) Die österreichisch-ungarische Heeresleitung führte den Namen „Armeeoberkommando"; er ist in dieser Darstellung vermieden worden, da die deutsche Bezeichnung „Armee-Oberkommando" eine andere Bedeutung hat. • Weltkrieg. VI. Land. 1