320 Wechselnde Pläne des Generals v. Falkenhayn. den verfügbaren Truppen überhaupt durchführbar war — was die Er¬ kundung des Obersten v. Seeckt ergeben mußte —, seiner besseren strate¬ gischen Auswertung wegen den Vorzugs). Wie weit General v. Falkenhayn bei seinen Erwägungen auch die Munitionslage, entsprechend ihrer großen Bedeutung, berücksichtigt hat, ist nicht festzustellen. Obwohl die Munitionsneufertigung in den ersten Monaten des Jahres 1915 weitere Fortschritte gemacht hatte und es dank der sparsamen Verwendung gelungen war, die Kolonnen großenteils auf¬ zufüllen, hatten die Anforderungen des östlichen Kriegsschauplatzes und der hohe Verbrauch der Abwehrschlacht im Westen die Ansammlung einer Munitionsreserve der Obersten Heeresleitung nur in beschränkter Höhe ge¬ stattet. Am reichlichsten waren die Vorräte an Feldartilleriemunition, deren Fertigung auf 100 Züge im Monat Februar gesteigert war. Eine weitere Vermehrung scheiterte zunächst am Mangel an Pulver. Die Schwierigkeiten bei der Herstellung von Munition der schweren Artillerie") waren immer noch nicht ganz überwunden; doch begannen die auf eine Ver¬ mehrung der Munition der schweren Artillerie gerichteten Anstrengungen der Heeresverwaltung langsam sich fühlbar zu machen; im Februar ließ sich die Lieferung der Munition für die schweren Feldhaubitzen gegen den Januar verdoppeln, im März und April verdreifachen, im Mai end¬ lich konnte fast die vierfache Menge der Obersten Heeresleitung in Aus- sicht gestellt werden. Die Neufertigung von 10 cm- und Mörser-Munition stieg in gleichem Maße. Da anzunehmen war, daß vom Mai 1915 ab der Mangel an Pulver behoben werden konnte, so durfte die Oberste Heeres¬ leitung die Hoffnung haben, in den kommenden Sommermonaten durch den Mangel an Munition in den Entschließungen weniger als bisher behindert zu sein. Trotzdem reichten die verfügbaren Munitionsmengen für die be¬ absichtigte Operation, die etwa zu Anfang Mai begonnen werden mußte, nicht aus. Zwar ließ sich aus ihnen der Bedarf für den Durchbruch durch die feindliche Front bestreiten; aber die Gefahr, daß aus Mangel an Schießbedarf die im Anschluß an den Durchbruch mindestens einen Monat hindurch mit äußerster Kraftanstrengung zu führende freie Operation sich in höchst ungünstiger Lage festlausen konnte, blieb so groß, daß dies Wagnis schwerlich verantwortet werden konnteH. Auch war, wie erwähntZ, i) Zuschrift des Generalleutnants a. D. Tappen an das Reichsarchiv vom 3. Juni 1930. — 2) Band VI, ©. 429, 430. — 3) Der damalige Feldmunitionsches, General der Artillerie Sieger, teilte unter dem 31. Mai 1930 dem Reichsarchiv mit: „Der Feldmunitionschef erhielt von all diesen Plänen keine Kenntnis, sonst hätte er unschwer nachweisen können, daß die Munitionslage im Frühahr 1915 eine groß an¬ gelegte Offensive im Westen unbedingt ausschloß." — 4) S. 306.