140 Die Karpaten-Offensive. Als ganz besonders günstig für die Deutschen sah Danilow die Lage Ost¬ preußens an. „Wir dursten kaum den Entschluß fassen, tief in das Innere Deutschlands einzudringen, ohne uns vor einer Flanken-, ja sogar Rücken¬ bedrohung zu sichern, die Ostpreußen mit seinen über die Weichsel füh¬ renden Cisenbahnbrücken, falls es in den Händen der Deutschen verblieb, gebildet hätte. Solch ein Entschluß hätte uns in eine überaus gefährliche Lage bringen können." Aber auch sonst sei die Eroberung Ostpreußens von größter Bedeutung: „Der Krieg wird nach Deutschland hineingetragen, die unvermeidliche Flucht der Bevölkerung muß im ganzen Deutschen Reich Anruhe hervorrufen, während die Eroberung eines der wichtigsten Gebiete der preußischen Krone eine Kompensation für den Verlust eines Teiles unseres Weichsel-Gebietes an die Deutschen bedeutet hätte." Endlich sei das Gebiet Ostpreußens der einzige Abschnitt der ganzen Rordwestfront gewesen, wo noch auf taktische Erfolge zu hoffen war. Aus allen diesen Gründen war General Danilow dafür, sobald es die Amstände erlaubten, gegen Deutschland, und zwar gegen Ostpreußen, anzu¬ greifen. Dazu sollten alle verfügbaren Reserven — das Gardekorps, das soeben erst vom fernen Osten eingetroffene IV. sibirische und das wieder neu ausgestellte XV. Korps — verwendet werden. Der Großfürst und der Oberbefehlshaber der Rordwestsront waren einverstanden. Rach den ange¬ stellten Berechnungen konnte der Angriff etwa in der zweiten Hälfte des Monats Februar beginnen; bis dahin erwartete man auch das Eintreffen der neu ausgehobenen Rekruten des Jahrganges 1914 und eine Besserung der Munitionslage. Die Kämpfe an der S üdw e stfro nt. Im Januar 1915 stand die Heeresgruppe der Südwestsront unter General Iwanow mit der 4. und 9. Armee (17^ Infanterie-Divisionen) auf dem linken Weichsel-Afer. Die 3., 8. und 11. Armee (29 Infanterie- Divisionen) lagen in Galizien, und zwar mit der Masse unter überaus schwierigen Verhältnissen in den verschneiten Karpaten. Der linke Flügel ihrer Hauptkräfte stand südlich der österreichisch-ungarischen Festung Prze- mysl, die von drei Landwehr-Divisionen eingeschlossen war; östlich vom Azsoker-Paß bis zur rumänischen Grenze standen auf 250 Lin breiter Front im ganzen nur etwa vier Divisionen, davon drei aus Landwehr zusammen¬ gesetzt. General Iwanow hatte von den Absichten der Obersten Heeresleitung zunächst keine Kenntnis. Cr war nach wie vor überzeugt: „Der Weg