2. und 3. Januar» 76 Die KarpaLen-Offensive. Berlin, an der außer den Generalstabschefs der verbündeten Heere zeit¬ weise auch General Ludendorff teilnahm, machte General v. Falkenhayn die Entscheidung der Frage, ob die in der Heimat in Aufstellung begriffenen Verbände im Westen oder Osten eingesetzt werden würden, von der in etwa drei Wochen bestehenden allgemeinen Kriegslage abhängig. Eingehend wurde besprochen, wie in der Zwischenzeit die Operationen auf dem öst¬ lichen Kriegsschauplätze geführt werden sollten. General v. Conrad trat für eine Offensive an der Karpaten-Front ein. Cr wünschte, daß an ihr auch die zur Zeit in Westpolen stehende österreichisch-rmgarische 2. Armee beteiligt und deren Front am Nordflügel der Armee Woyrsch durch deutsche Truppen übernommen würde. General Ludendorff schlug statt dessen die Verwendung von drei bis vier aus der 9. Armee herauszulösen¬ den Divisionen in den Karpaten vor, womit General v. Conrad einver¬ standen war. General v. Falkenhayn verwarf jedoch, vornehmlich im Hin¬ blick auf die Geländeschwierigkeiten, jede Teilunternehmung an der Karpaten-Front und sprach sich für Fortführung l^r Offensive der 9. Armee in Polen aus; er glaubte, daß es sich ermöglichen raffen würde, durch Um¬ gruppierung sechs bis sieben Divisionen überraschend zu entscheidendem Einsatz zu bringen. Nur für den Fall, daß der Verbündete sich in den Karpaten nicht zu halten vermochte, erklärte sich General v. Falkenhayn dort zum Einsatz deutscher Kräfte bereit. Man einigte sich schließlich auf seinen Vorschlag, zunächst die Offensive der 9. Armee fortzusetzen. Dieses Ergebnis legte der deutsche Generalstabschef in den folgenden Tagen in Telegrammen an General v. ConradH und an den Oberbefehls¬ haber Ost nochmals fest. „Je weniger hoch die Widerstandskraft unseres Verbündeten einzuschätzen ist" — so hieß es in der am 3. Januar abge¬ sandten Drahtung an den Oberbefehlshaber Ost —, „um so wichtiger ist es, die Russen zu verhindern, neue Kräfte gegen ihn zu verschieben. Dies kann nur dadurch geschehen, daß man den Feind in Nordpolen nicht los¬ läßt. Gewiß wird es schwer sein, im zunächst rein frontalen Ringen den erhofften Erfolg zu erkämpfen. Für aussichtslos kann der Versuch jedoch nicht gehalten werden, wenn man bedenkt, daß es sich auf unserer Seite um Truppen handelt, die unter den Befehlen Euer Exzellenz zu siegen gewohnt sind, auf der gegnerischen um Massen, denen seit Mitte November un¬ aufhörlich schwere Schläge durch Euer Exzellenz beigebracht wurden, und wenn man ferner in Rechnung stellt, daß es möglich sein inuß, den größten Teil der erwähnten sechs bis sieben Divisionen mit mächtiger Artillerie zum entscheidenden Stoß überraschend anzusetzen. Wo der Stoß zu führen ist.