Operationsentwürfe für eine Offensive im Westen. 5 Durchhalten Österreich-Ungarns und der Türkei sowie die Entwicklung der Dinge auf dem Balkan abhängig. Man müsse hiernach zu dem Ergebnis kommen: „Im Osten scheint es militärisch leichter und ist es politisch zwin¬ gender, bald zur Entscheidung zu kommen als im Westen." Dem stehe aller¬ dings gegenüber, daß mit einer großen Frühjahrsverstärkung des englisch¬ französischen Heeres zu rechnen sei, während Rußland sich „in absehbarer Zeit militärisch nicht wesentlich kräftigen" werde. Dieser Umstand spräche scheinbar dafür, zunächst im Westen zu schlagen. Trotzdem wären die mili¬ tärischen und politischen Gründe, die man für den Osten anführen müsse, so schwerwiegend, daß der Einsatz der demnächst verfügbaren 4yz Korps — „soweit sich die Verhältnisse heute übersehen lassen" — dort baldmög¬ lichst erfolgen müsse; alle Erörterungen über etwaige Operationen im Westen seien daher „mehr akademischen Charakters"^). Aus den Randbemerkungen des Generals v. Falkenhayn zu diesem Bericht war ersichtlich, daß er an seiner bisherigen Auffassung, daß „wir ein völliges militärisches Niederwerfen Rußlands nie erreichen" würden, nach wie vor festhielt. Eine Äußerung des Generals v.Wild gegenüber einem Generalstabsoffizier der Obersten Heeresleitung am 30. Dezember ließ erkennen, daß General v. Falkenhayn vor Antritt seiner Reise nach Berlin „so gut wie entschlossen war, den nächsten Schlag im Westen zu führen". Als Zeitpunkt hierfür war nunmehr der Februar in Aussicht genommen, um den Neuformationen noch Zeit für die Ausbildung zu lassen. Nach der Abreise des Generals v. Falkenhayn nach Berlin erfuhr der Reichskanzler v. Bethmann Hollweg von dessen Absicht einer Offen¬ sive im Westen unter Einsatz der neugebildeten Heeresreserve. Da er aus den gleichen Gründen wie die Führer im Osten, insbesondere auch mit Rücksicht auf die Haltung Italiens und Rumäniens, eine baldige Kriegsentscheidung im Osten für das dringendste Gebot der Lage hielt, ent¬ schloß er sich, bei einem Vortrage beim Kaiser am 2. Januar im Großen Hauptquartier unter Berufung auf das Arteil der militärischen Führer im Osten die Enthebung des Generals v. Falkenhayn von seiner Stellung als Chef des Generalstabes des Feldheeres und seinen Ersatz durch General Ludendorff zu beantragen. Eine solche Regelung dieser bedeutsamen Per¬ sonalsrage erschien auch aus staatsrechtlichen Gründen notwendig, da durch die Vereinigung der Ämter des Generalstabschefs und des Kriegsministers in einer Person bei der Verantwortlichkeit des letzteren gegenüber dem Reichstage Konflikte mit diesem hinsichtlich der Führung der Operationen möglich waren"). Der Kaiser, der vom Chef des Militärkabinetts, General 0 Vgl. S. 16. — 2) Auch von parlamentarischer Seite war hierauf hingewiesen worden.