— 10 — Uebrigens gehört die Handschrift nicht nach Steyr, sondern nach Nürnberg; vermnthnngsweise darf man annehmen, dass Hans Winter auf der Wanderschaft in Steyr war und sich dort die Tabulatur abschrieb. In dieser Handschrift finden sich auch Lieder von Severin Kriegsauer, Ahlschmied zu Steyr *) und „ Niclaus Lindt- luurm von steyr“, der in F 300a erwähnt wird. In andern Dresdener Handschriften dürften sich möglicherweise noch Lieder von Steyrer oder anderen Öberösterreichischen Sängern finden; doch erwähnt Dr. Schnorr* 2) nur des Severin Kriegsauer in M6 1. Register und des Mathias Schneider ebendort; letzterer war bei Georg Hägers Vaters „Schuknecht anno 1562 jar.“ In Steyr selbst ist im städtischen Archive, soweit meine Kenntnis desselben reicht, keine Handschrift zu finden. Ebenso habe ich von keiner in den Sammlungen des Museum Francisco-Carolinum in Linz oder in den Klosterbibliotheken gehört. III. Zur Geschichte des Meistergesanges in Oberösterreich. Als die bedeutendsten Städte Ob er Österreichs erscheinen bis zum Ausgange des Mittelalters, ja sogar bis ins 17. Jahrhundert Steyr und Wels, jenes durch Handel und Industrie, dieses durch seine Lage an einer frequenten Verkehrsstrasse wohl¬ habend, beide auf den Besitz schöner bürgerlicher Privilegien stolz. Der Verkehr beider Städte mit deutschen Reichsstädten war ein sehr reger.3) Auf Augsburg, Nürnberg, Magdeburg, sowie das eine den Reichsstädten ähnliche Stellung ein¬ nehmende Breslau weisen denn auch die Lieder in den Handschriften als auf die Städte hin, von denen Oberösterreich seinen Meistergesang empfing. Wir können natürlich nicht einmal annähernd die Zahl der Meistersänger schätzen; doch dürfen wir vermuthen, dass ein Grosstheil der Handwerker die edle Kunst pflegte; in Steyr und. Wels war es wohl die Zunft der Messerer4) und anderer Eisenarbeiter, welche das Hauptkontingent stellte; doch auch Schuster, Kürschner, Bortenschläger (Posa¬ mentierer) und andere Handwerker sind unter den Sängern vertreten. Es wäre recht hübsch, den Altmeister Hans Sachs mit den Anfängen des Meistergesanges in Oberösterreich in Verbindung zu bringen; er dichtete schon 1513 in der „Silberweis“ zu Praunau (Braunau) am Inn; im selben Jahre den „güldnen Ton“ in Ried; aber beide Orte waren damals noch bairisch; ln Wels scheint er sich aufgehalten zu haben — auch 1513 (cf. Mein dl II., 148), doch darf man hieraus kaum auf die Existenz von Meistersängern, am wenigsten auf einen Einfluss des damals noch sehr jungen „Schuhknechtes“ Hans Sachs schliessen. Beglaubigte Meister¬ sänger finden wir erst später. Steyr erhielt seine Tabulatur durch Lorenz Wessel aus Essen, der 1529 ge¬ boren, 1553 bereits in Magdeburg dichtet (F 257b), 1562 im Alter von 32 Jahren in Steyr die Tabulatur schreibt5), im nämlichen Jahre auch in Waidhofen an der Ybbs *) Schnorr 34. 2) A. a. 0. 34. 3) Vergl. F. X. Pritz, Beschreibung und Geschichte der Stadt Stey.er, Linz 1837, S. 210 u. a. und Kon- rad Meindl, Geschichte der Stadt Wels, Wels 1878, I. 79 u. a. q) Ueber Zünfte in Steyr überhaupt und besonders über die Messererzunft vgl. Alpcnbote 1884 Nr. 104 und 1885 Nr. 1. — Bezüglich der Schulen in Steyr diene eine in Schroffs Sammelband I im städt. Archive ste¬ hende Notiz: „1507 wurde in Steyr eine deutsche Schulordnung aufgerichtet und Caspar Diesfelder aus Frei¬ burg und Meissen als „teutscher Schul- und Bechenmeister“ aufgenommen. In demselben Jahre wurde eine protestantische Kirclienordnuüg errichtet; von 1545—1599 werden nur protestantische Pfarrer verzeichnet.“ 5) Die Quelle derselben kann ich nicht nachweisen; die Tabulatur bei Wagenseil 520 ff. ist im An« fange beinahe gleichlautend.