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von Renzian und Sauer
Fast alle Offiziere sind tot oder verwundet, anderthalbtausend
Hessen sind gefallen oder außer Gefecht gesetzt.
Im Walde von Netreba, im dichten Unterholze, ist das Ge¬
fecht am wildesten. Immer wieder werfen furchtlose Älpler die
herankriechenden Gegner mit dem Bajonett auf Resepektsentfernung.
Um 7 Uhr vormittags sichten die Beobachter, weit links rück¬
wärts, winzige Pünktchen. Die Kaiserjäger, die Brigaden der
8. Division kommen. Für uns ist es zu spät.
Beide Flügel stehen im Kreuzfeuer. Die beiderseitige Umfassung
kann jeden Augenblick eintreten.
Die 6. Kompagnie, die letzte Reserve, wird eingesetzt, um dem
katastrophalen Munitionsmangel abzuhelfen.
Noch zwei Stunden raufen die Hessen wie die Bären — allein,
verschossen, verblutet.
Um 9 Uhr vormittags gibt Major von Kirchner, der letzte
Stabsoffizier, der Vernichtung des Regiments bei diesem sparta¬
nischen Sterben vorbeugend, den Befehl, das Gefecht abzubrechen.
Mühsam und verlustreich, unter dem Schutze der heroisch sich
aufopfernden Maschinengewehre, verlassen die Kompagnien den so
tapfer behaupteten Boden. Hart greift das Zurücklassen der toten
und schwerverletzten Kameraden an das Herz.
Nur einen Streifen von ^00 Schritten geben die Oberöster¬
reicher preis, zögernd und vorsichtig tastet der Russe nach.
Knapp nördlich des brennenden, mit eigenen verwundeten über¬
füllten Wassilew — nehmen die Trümmer wieder Front.
Frische, ausgeruhte Truppen des Korps rücken siegesgewiß
vor. Um \2 Uhr mittags tritt das Hessen-Regiment in das Ver¬
hältnis der Divisions-Reserve — und wird aus dem Gefecht gezogen.
Zwei schwache Bataillone werden gebildet. Das schöne, stolze
Regiment folgt schon am nächsten Tage, wenn auch geschwächt,
ungebrochen dem die Russen vor sich hertreibenden Korps.
Besitz stirbt,
Sippen sterben,
Du selbst — stirbst wie sie.
Nur eines weiß ich, das ewig lebt.
Der Toten Tatenruhm.