128 Frh. v. Vogelfang Schon hieraus kann annähernd die Stärke des kurz nach Kampf¬ beginn immer mehr zunehmenden Feuers ermessen werden, welches bald eine Heftigkeit annahm, wie ich sie bisher in keinem Gefechte mitgemacht hatte. Bald kam auch die Meldung, daß mein zweiter Zugskommandant Fähnrich i. d. R. Krumpholz verwundet sei, aber mit Rücksicht auf das starke Feuer nicht zurück könne. Die Zahl der verwundeten und 'Gefallenen nahm immer mehr und mehr zu, der Gegner'war, begünstigt durch das Terrain, auf 100 stellenweise sogar auf 20 Schritte herangekommen. Jetzt setzte auch schweres Artilleriefeuer, f8 ein Granaten, da¬ mals das schwerste im Felde 'verwendete und gefürchtetste russische Kaliber, ein. So wurde es Abend, ohne daß das Feuer abnahm. Das Furcht¬ barste aber war die Nacht und die wollte kein Ende nehmen. Bis 3 Uhr 30 früh hatten die beiden tapferen Bataillone acht Angriffe des übermächtigen Gegners abgewehrt. Der Gefechtslärm überstieg alles bisher Dagewesene, die eigenen 8 Maschinengewehre gaben so ziemlich den Ausschlag. Lin derart rasendes Maschinen¬ gewehr- und Gewehrfeuer hatte ich bisher nicht für möglich ge¬ halten, dazwischen das Dröhnen und Krachen der einschlagenden J8 cm-Granaten. Das Gräßlichste aber war das Jammern der verwundeten, das Rufen jener Armen nach „Sanität", die, in der vordersten Linie ver¬ wundet, sich des Feuers wegen nicht rühren durften, dazu die er¬ schütternde Wahrnehmung, daß die Rufe „Sanität! Sanität!" immer schwächer wurden, um schließlich mehr und mehr zu verstummen. Der Tod hielt reiche Lrnte unter den tapferen, heldenmütigen Steirern. Ls war eine Hölle auf Lrden. Nach 3 Uhr 30 früh wurde das Feuer geringer, um gegen ^ Uhr früh wieder stärker zu werden; gegen 5 Uhr früh konnte das feindliche Feuer als ein orkanartiges, rasendes bezeichnet werden. Gegen H Uhr 30 früh wurde mein hervorragender Bataillons¬ kommandant Hauptmann Meergans verwundet; ich lief zum Stand¬ punkte des Bataillonskommandos, um dasselbe zu übernehmen. Nach 3 Uhr früh hörte man, von links kommend, immer stärker werdendes Kampf- und Sturmgeschrei der Russen, immer näher¬ kommende, auch schon aus rückwärtiger Richtung hertönende „Urrah"-Rufe. Der Russe hatte augenscheinlich die links an mein Bataillon anschließende Gefechtsfront eines Landwehr-Bataillons italienischer Nationalität durchbrochen. Die Gefahr, abgeschnitten und gefangen zu werden, war riesengroß, ein augenblickliches Zurückgehen die einzig mögliche Rettung.