44 daß eine persönliche Aussprache des ehrgeizigen, Präsidenten der Re¬ publik mit Seiner Majestät dem Kaiser von Rußland über die durch die Absendung des Ultimatums geschaffene internationale Lage die Wahrscheinlichkeit eines kriegerischen Eingreifens Rußlands , und Frankreichs erhöhen würde. Graf Tisza hat die Bedenken, welche er gegen ein kurzfristiges Ultimatum vorgebracht hatte, aufgegeben, da ich auf die militärischen Schwierigkeiten hinwies, die sich aus einer Verzögerung ergeben würden. Auch machte ich geltend, daß selbst nach erfolgter Mobili¬ sierung eine friedliche Beilegung möglich wäre, falls Serbien noch rechtzeitig einlenken würde. In diesem Falle müßten wir allerdings von der serbischen Re¬ gierung fordern, daß sie die Kosten ersetze, welche uns durch die Mobilisierung erwachsen seien, und wir müßten bis zur Bezahlung dieser Forderungen ein Faustpfand in Serbien besetzen. Graf Tisza hat ferner ausdrücklich betont, daß er seine Zu¬ stimmung zu dem beabsichtigten Vorgehen nur unter der Bedingung erteilen könne, daß noch vor Stellung des Ultimatums in einem ge¬ meinsamen Ministerrate der Beschluß gefaßt werde, daß die Monarchie — abgesehen von kleineren Grenzregulierungen -— keinen Landerwerb aus dem Kriege gegen Serbien anstrebe. Der heute festgesetzte Inhalt der nach Belgrad zu richtenden Note ist ein solcher, daß mit der Wahrscheinlichkeit einer krie¬ gerischen Auseinandersetzung gerechnet werden muß. Falls Serbien aber trotzdem nachgeben und unseren Forderungen entsprechen sollte, so würde ein solches Vorgehen des Königreiches nicht nur eine tiefe Demütigung desselben — pari passu damit eine Einbuße des russischen Prestiges am Balkan — bedeuten, sondern auch für uns gewisse Ga¬ rantien in der Richtung der Einschränkung der serbischen Wühlarbeit auf unserem Boden involvieren. 20 Herr von Mérey an Grafen Berchtold Telegramm Nr. 512 Rom, 14. Juli 1914 Chiffre — Streng geheim Antwort auf Euer Exzellenz Telegramm vom 12. d. M. Nr. 801 \ Wenn ich auch für den Fall, daß wir wirklich den kriegerischen Konflikt mit Serbien forcieren wollen, gleichfalls der Ansicht bin, daß von aussichtslosen vorherigen Verhand¬ lungen mit Italien abzusehen wäre, möchte ich doch, um ein allzu arges persönliches Froissement Marquis di San Giulianos zu vermeiden, unbedingt darauf einraten, daß ich ermächtigt werde, 1 Siehe Nr. 16.