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Prinzips für die Arbeit ist unzulässig, denn jeder einzelne Fall
bedingt eine andere Methode, wie die nachfolgenden Unter¬
suchungen zeigen werden. Ich glaube auf Zustimmung rechnen
zu dürfen, wenn ich den Satz ausspreche, daß bei der Nach¬
forschung nach dem Umfange der alten Grafschaften in erster
Linie die Ansichten älterer, neuerer und neuester Forscher und
Skribenten gänzlich beiseite zu lassen sind und der Neubau
nur auf Grundlage echter urkundlicher Nachrichten unter Be¬
rücksichtigung des nachgewiesenen Zusammenhanges der
großen Geschlechter und der jeweiligen öffentlichen Verhält¬
nisse aufzuführen ist. Wer sich mit einer solchen Arbeit ab¬
gibt, darf die Mühe von Einzelnuntersuchungen über scheinbar
geringfügige Dinge nicht scheuen und auch nicht vor einer
Kollision mit Auktoritäten zurückschrecken, die sich aus einer
bisher ungewohnten Betrachtung der Ereignisse und einer radi¬
kaleren Untersuchung ergeben kann.
Die Erörterungen werden — aus welchem Grunde wird
in deren Verlaufe offenkundig werden — am zweckmäßigsten
wieder im Rahmen der alten Gaue aufgenommen.
I. Im Matiggau.
Auch in diesem Gau folgte die Gauverfassung dem all¬
gemeinen Zuge im Gebiete des bayerischen Stammes; er ge¬
staltete sich im Laufe des 10. Jahrhunderts in eine Grafschaft
um, d. h. das Grafenamt wurde zum Gerichtslehen, aber im
Gegensatze zum Chiem- und zum Isengau, in welchen früh¬
zeitig kleinere Bezirke hervortreten, bewahrt das neue Komitat
ganz oder fast ganz den Umfang des Gaus, und zwar, wie wir
sehen werden, mit Einschluß des Atergaus.
Den letzten Grafen, der den ganzen Gau verwaltete,
haben wir sicherlich in jenem Isangrim vor uns, in dessen
Amtsbezirk (in Matahgouue Comitatu Isangrimi) König Ludwig
oder vielmehr seine Vormundschaft 904. 5. o.1 der Kirche des
heil. Emmeram zu Regensburg Untersunzing am In verliehen
hat. Er ist derselbe ,illustris comes et ministerialis' Isengrim,
auf dessen Intervention Kaiser Arnolf 899. 5. 2.2 die Kapelle
St. Pankraz in der königlichen Pfalz Ranshofen bedachte.
1 Siehe S. 458.
2 Siehe S. 444.