Der Waffenstillstand von Compiègne 803 keine milderein Bedingungen durchsetzen könnten, den Vertrag unter Verwahrung gegen gewisse Punkte abzuschließen. Tags darauf, am 11. November in dein frühen Morgenstunden, wurde das inhaltsschwere Schriftstück unterzeichnet; der Waffenstillstand trat mittags in Kraft1). Das Abkommen legte dem Deutschen Reiche die bedingungslose Unterwerfung auf. Die besetzten Gebiete im Westen, außerdem links¬ rheinischer deutscher Boden waren zu räumen, dazu durften die Alliier¬ ten noch Brückenköpfe auf dem rechten Rheinufer besetzen. Ungeheure Mengen von Kriegsgerät und Verkehrsmittel sowie ein Großteil der Flotte waren auszuliefern, die Kriegsgefangenen — aber ohne Gegen¬ seitigkeit — freizulassen. Die Schutztruppe in Deutschostafrika, die sich während des ganzen Krieges behauptet hatte, mußte die Kolonie übergeben. Der Waffenstillstand von Compiègne beendete am 11. November 1918 die im Hochsommer 1914 entbrannte kriegerische Auseinanderset¬ zung zwischen den Mittelmächten und der zu einem Weltbund ange¬ wachsenen Vereinigung der Entente Staaten. Die Friedensschlüsse Hiezu Beilage 38 Am 11. November 1918 verhallte der Schlachtenlärm. Ein neues, friedliches und glücklicheres Zeitalter, dessen Grundsätze sein Wort¬ führer in Washington klangvoll verkündet hatte, sollte für die Mensch¬ heit anbrechen. Seit dem September hatten die Vierbundmächte der Reihe nach, zuerst Bulgarien, dann die Türkei, Österreich-Ungarn und zuletzt das Deutsche Reich das Schwert sinken lassen und die Feinde um einen Waffenstillstand bitten müssen. Jedes der vier Reiche schied aus dem Ringen mit schweren Schäden seines inneren Staatsgefüges aus. Das herbste Los widerfuhr der Habsburgermonarchie — sie zerbrach. Für diesen ehrwürdigen Staatsbau hatte der 1914 entbrannte Krieg nicht nur den Kampf, um die Großmachtstellung, sondern vielmehr um den arg bedrohten Fortbestand, buchstäblich den Kampf ums Dasein be¬ deutet. Dies hatte ¡auch anfangs August 1914 kein Geringerer als der Träger der Habsburgerkronen, der selbst zum Reichssymibol gewordeine: greise Kaiser Franz Joseph erkannt und, von düsteren Ahnungen erfüllt, 1) Wortlaut bei Niemeyer, 711 ff. 51*