634 Der Zusammenbruch Österreich-Ungarns Nachrichten. Als im Laufe des 28. der Rückzug des rechten Flügels der Isonzoarmee hinter den Monticano in Udine bekannt geworden war und auch die Kunde vom Zurückweichen der 6. Armee in die zweite Kampf¬ stellung kam, rang sich FM. Boroevic am Abend zuf Überzeugung durch, daß er die ganze venetianische Ebene werde räumen müssen, um seine Armeen zu retten. Er beabsichtigte, falls es nicht mehr gelänge, ein weiteres Vordringen des Feindes einzudämmen, die Armeen allmählich zurückzunehmen, um den Zusammenhang der Truppen zu wahren. Das AOK. billigte diesen Plan und erteilte dem FM. Boroevic in der Nacht lauf den 29. Oktober den Befehl: „Ein Zertrümmern der Armee muß verhindert werden; nach Bedarf rechtzeitig einer zur Auflösung führenden Niederlage ausweichen." Der gleiche Befehl erging an die in Tirol stehende Heeresgruppe FM. Krobatin. Inzwischen hatte der Verfall auch auf die Marine übergegriffen1). Am 27. Oktober meldete das Flottenkommando, daß die Mannschaft längstens bis 1. November die Schiffe verlassen und heimziehen wolle. Auch tauf die dem Landheer angehörigen Besatzungen der Seeplätze war nicht mehr zu bauen. Im Auftrag des Kaisers wurde am nächsten Tag verlauthart, daß ein Waffenstillstand und Frieden unmittelbar bevor¬ stehe; die kurze Zeitspanne möge die Mannschaft noch ausharren. Für den Kriegshafen Pola forderte dessen Kommandant eine kriegsstarke, verläßliche Infanteriebrigade mit zwei Batterien an; FM. Boroevic mußte dies abschlagen, denn er verfügte über solche Truppen nicht mehr. Es war unvorstellbar, wie die Schiffe und Küstenplätze vor einem möglichen Angriff oder Handstreich des Feindes bewahrt werden sollten. Schon entstanden Matrosenräte, zumeist mit nationalem Einschlag. Der Flotten¬ kommandant, Konteradmiral v. Horthy, setzte alles daran, die Bewegung niederzuhalten; er regte auch in Baden an, daß politische Vertreter der einzelnen Nationen zu den Matrosen sprechen und sie beruhigen sollten. Dei' Tag der Entscheidung (29. Oktober) Hi e zu Beilagen 33 und 35 Während sich die Italiener ¡am 29. Oktober an der Tiroler West-und Südfront und auf der Hochfläche von Asiago noch immer darauf be- 1) Kriegsarchiv (Marinearchiv), Österreich-Ungarns Seekrieg 1914—18, 710 ff.