8 Das Weltbild zu Beginn des Kriegsjahres 1918 gegen die Kriegspolitik, die Gemeinsamkeit mit Österreich und das Bündnis mit Deutschland. Besonders bedeutsam aber sollte sich in weite¬ rer Folge die Wandlung erweisen, die sich zur gleichen Zeit in der deutschösterreichischen Sozialdemokratie vollzog. Diese hatte sich bis¬ her, während die andersvolklichen Bruderparteien mit geringen Aus¬ nahmen längst auf die Walstatt der nationalen Kämpfe abgerückt waren, zum großösterreichischen Programm ihres Führers Karl Renner be¬ kannt. Nun begann, seit der Rückkehr des radikalen Sozialisten Otto Bauer aus der russischen Kriegsgefangenschaft (Herbst 1917), die von diesem verfochtene Auffassung zu obsiegen, daß sich das deutschösterreichische Proletariat als revolutionäre Klasse dem Unab¬ hängigkeitswillen der Völkerschaften nicht in den Weg stellen dürfe, und daß es auch aus dem Zerfall des Habsburgerreiches wegen des dann wahrscheinlichen Anschlusses Deutschösterreichs an das industrialisierte und daher stark sozialistische Deutschland nur gewinnen könne. Gleich¬ zeitig segelte die Partei immer stärker ins pazifistische Fahrwasser hin¬ über. So war auch in den entschlossenen Willen der Deutschen in Öster¬ reich, den vor allem von ihnen getragenen Staat zu verteidigen und an der Seite des Deutschen Reiches bis zum Ende auszuharren, eine merk¬ bare Bresche geschlagen. Bulgarien hatte 1915 gehofft, durch einen kurzen Feldzug an Deutschlands Seite die ersehnten Gebiete des Balkans zu gewinnen. Nun lagen diese wohl schon längst hinter den bulgarischen Fronten, aber der Krieg blieb noch immer unentschieden, was zu arger Enttäuschung führte. Den Anforderungen dieses Krieges konnte das kaum vier Jahr¬ zehnte alte Staatswesen, dessen wirtschaftliche, finanzielle und politische Entwicklung überdies durch die opferreichen Balkankriege gehemmt worden war, nicht mehr gerecht werden. Der Staatsapparat begann zu versagen, die Versorgung von Heer und Volk stieß auch dort auf Schwierigkeiten, wo es nicht an Vorräten, dafür aber an einer richtigen Verteilung mangelte. Die Mißernte des Jahres 1917 verschärfte die Not, bolschewikische Wühlarbeit hatte an den Hungerkrawallen, die anfangs 1918 zu Sofia und in verschiedenen Industriegebieten ausbrachen, keinen geringen Anteil. Allgemeine Mißstimmung und Enttäuschung griffen auch von Woche zu Woche weiter in dem an allem notleidenden Heere um sich, das so auch der emsig betriebenen Werbearbeit des Feindes einen günstigen Boden abgab *). x) Dieterich, Weltkriegsende an der mazedonischen Front (Oldenburg 1928), 11. — N é d e f f, Les operations en Macedoine. L'épopée de Doïran 1915—1918