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Die Herbstoffensive gegen Italien
Truppen drängte, entsprach seinem soldatischen Denken und wohl auch
dem Wunsche, aus der Stickluft der politischen Sorgen in die reinere
Atmosphäre der Armee zu flüchten. Die Sorglosigkeit, mit der er dabei
auch Gefahren nicht aus dem Wege ging, zeugte für die oftbewährte
Unerschroekenheit des jugendlichen Herrschers. Wohl ¡aber war es
kaum zweckmäßig, daß auch der Generalstabschef den Obersten Kriegs¬
herrn grundsätzlich auf allen seinen Frontfahrten begleitete, indes der
Arbeits apparat in Baden bei Wien fernab seinen Pflichten oblag. Da
Gdl. Arz auf solche Weise ;als Begleiter des Kaisers tagsüber fast unab¬
lässig den Standort wechselte, und die Verbindung zwischen Baden und
dem im Küstenland zurückgebliebenen Hofzug fast nur in den Abend¬
stunden und zur Nachtzeit erfolgreich wirken konnte, kam es vor, daß
sich dringende Entscheidungen um halbe und ganze Tage verzögerten,
und daß die darauf fußende Befehlsgebung sehr oft vom ungestümen
Fluß der Geschehnisse überholt wurde. Gewiß hatte der Generalstabs¬
chef auch für sein stetes Verbleiben in der Umgebung des Kaisers
triftige Gründe. Aber ihr Gewicht wurde doch zweifellos von den Nach¬
teilen überwogen, die daraus für die Führung der einander hastig fol¬
genden Ktiegshandlungen erwuchsen.
Die Einstellung der Offensive und ihr Ergebnis
In der Literatur ist auch mehrfach die Frage behandelt worden,
ob es durch eine Fortführung der Offensive möglich gewesen wäre,
den Italiener völlig in die Knie zu zwingen1);. Hiezu ist vor allem
zu sagen, daß die Angriffsbewegung schon wegen der in Oberitalien
eingetroffenen französischen und englischen Divisionen, die damals in
Kreuznach und Baden auf mindestens zwölf geschätzt wurden, nicht
ohne erhebliche Verstärkung der eigenen Kräfte fortzuführen gewesen
wäre. Da um diese Zeit alle im Osten stehenden öst.-ung. Divisionen ein¬
gesetzt oder in der Ablösung deutscher Heereskörper begriffen waren,
hätte diese Verstärkung nur aus deutschen Divisionen bestehen können.
Mit ihnen hätte sich dann möglicherweise eine völlige Niederwerfung
Italiens erzielen lassen.
Aber die DOHL. war längst daran, die für das nächste Frühjahr
geplante große Entscheidungsoffensive vorzubereiten, zu der auch der
letzte, irgendwie entbehrliche Mann herangezogen werden sollte2).
*) Krauss, Ursachen, 220. — Kühl, II, 219.
2) Ludendorf f, 432 ff.