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Die Herbstoffensive gegen Italien
großen Abwehrschlachten des Weltkrieges ergeben hatten, nicht zu
eigen gemacht. Er scheint allerdings auch bereits das Vertrauen zu
seinem Heere, ein so schwieriges Gegenunternehmen wagen zu können,
verloren gehabt zu haben x).
Die Schlacht bei Codroipo — Latisana
(28. Oktober bis 1. November)
Hiezu Beilage 2 8
Der Wettlauf zum Tagliamento
Absichten und Befehle
Im Laufe des 27. Oktober hatten die höheren Befehlsstellen der
Verbündeten den Eindruck gewonnen, daß der Feind binnen kurzem
alle östlich des Tagliamento befindlichen Heerestbeile hinter diesen Fluß
zurücknehmen werde. Gründe für diese Annahme waren — abgesehen
vom raschen, vielfach fluchtartigen Zurückweichen der geschlagenen
italienischen 2. Armee — das Abbauen der italienischen Funkstationen
vor der 1. Isonzo- und der 10. Armee, weiters die Beobachtung,
daß die Italiener auf der Hochfläche von Comen, die im Laufe der:
Zeit dort aufgestapelten gewaltigen Vorräte an Kriegsgerät verbrann¬
ten und sprengten. Der Feuerschein der Explosionen war am Abend
sogar in Adelsber^g wahrzunehmen. Blieben nun die Divisionen der schon
weit vorgedrungenen deutschen 14. Armee in raschem Vormarsch, so
konnten sie mindestens ebenso schnell an den Tagliamento gelangen,
wie die Masse des noch südlich vom Durchbruchsraume stehenden
italienischen Heeresteiles. Neue große Erfolge schienen zu winken.
Erzherzog Eugen erließ daher am 27. Oktober um 7h20 abends an
die 14. Armee und an die Heeresgruppe Boroevic einen Befehl, in dem
es hieß: „Durch rasche Besitznahme des Tagliamentoüberganges west¬
lich Codroipo ergibt sich die Möglichkeit, dem Feinde den Rückzug zu
verlegen. Demnach hat der linke Flügel der 14. Armee über Udine,
Richtung Codroipo, vorzugehen. Für das Vorgehen der Heeresgruppe
GO. Boroevic über die Linie Udine—Cervigíiiano folgen seinerzeit auf
Grund der sich bis dahin ergebenden Lage Befehle."
*) Schreiben des Marschalls Cadorna vom 30. September 1926 an GdA. Krafft.