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Die Entwicklung der öst.-ung. Wehrmacht im Jahre 1916
vordersten Kampflinie ebeti unter jenes Maß an Truppen nicht herunter¬
gegangen werden dürfe, das die Möglichkeit rechtzeitigen Eingreifens
der Reserven gewährleistet.
Kein Wunder, daß auch nach der neunten Schlacht eine neuartige,
auf elastischem Kampfverfahren beruhende Abwehr, wie sie im Westen
schon festere Formen anzunehmen begann, am Isonzo noch nicht Wur¬
zeln faßte. Das von den Italienern angestrebte Operationsziel Triest
war viel zu nahe, um solche nicht ungefährliche Versuche zuzulassen.
So wurde in der langen Kampfpause von Mitte November 1916 bis
in das nächste Frühjahr an der ganzen Isonzofront doch der Bau von
durchlaufenden zweiten und dritten (Ib- und Ic-)Linien betrieben.
Dank der jetzt schon zahlreicher vorhandenen Bohrmaschinen schuf
man zahlreiche Kavernen. Dann verteilte man Maschinengewehre,
Minenwerfer, Infanteriegeschütze zusammen mit den Kompagnie- und
Bataillonsreserven im Gelände, das dadurch zum „befestigten Zwi¬
schengelände" wurde; im übrigen blieb man aber entschlossen, die Linie
der vordersten Kavernen so wie bisher auf das nachdrücklichste zu
verteidigen.
Wiederaufleben des Bewegungskrieges
Auf den Kriegsschauplätzen, die nach ihrer Bodenbeschaffenheit
den Bewegungskrieg begünstigten, war das öst.-ung. Heer im Jahre 1916
bis in den Herbst hinein in die Fesseln der Abwehr geschlagen. Da
brachte der Beitritt Rumäniens zum Feindbund überraschenderweise
wenigstens auf einem Teile der langen Ostfront eine Änderung: im
großen Becken von Siebenbürgen und in der walachischen Ebene. Hier
kam es im letzten Viertel des Jahres 1916 zu einer förmlichen „Renais¬
sance des Bewegungskrieges". Hiebei - spielte sich die Gegenoffensive
der Armeen Falkenhayn und Arz ungefähr in den gleichen Formen ab,
wie die ersten Kriegshandlungen gegen Rußland im Sommer 1914.
Der ganze Plan zur Verteidigung Siebenbürgens war auf Beweglich¬
keit eingestellt. Schon in der ersten Phase dieses Feldzuges, als die
Deckungstruppen der k. u. k. 1. Armee schrittweise gegen die befestigte
Maros—Kokellinie zurückwichen, nützten sie manche Gelegenheit aus,
um dem oft zaghaft vorrückenden Feinde Abbruch zu tun. Die Los¬
gelöstheit von den Fesseln des Stellungskrieges, der für wagemutige An¬
griffshandlungen wenig Möglichkeiten bot, wurde hiebei von den