Übernahme des militärischen Oberbefehls durch Kerenski 719 mit den Deutschen. Er, Gen. Kornilow, Sohn eines Kosake nbauern, erkläre, daß er nichts für sich, sondern nur die Erhaltung des großen Rußland erstrebe; er schwöre, daß er das Volk zum Siege über den Feind führen werde, bis der Zusammentritt der gesetzgebenden Ver¬ sammlung es dem Volke ermöglichen werde, selbst die neue Staatsform zu bestimmen. Bevor er aber Rußland den Händen seines Erbfeindes, den Deutschen, ausliefere, zie he er vor, auf dem Schlachtfeld zu ster¬ ben1). Die Heerführer stellten sich in der Mehrzahl auf die Seite Kor- nilows, Klembowski nahm den Oberbefehl nicht an. Trotzdem aber hatte: Kornilow verspielt. Er hatte zwar die Generale, Stäbe und den Großteil der Offiziere für sich, die Soldatenmass(e schlug sich jedoch unter dem Einfluß des Frontkomitees auf die Seite Kerenskis. Der Zentralrat der Arbeiter, Soldaten und Bauern zu Petersburg, wiewohl er sonst der Provisorischen Regierung reichlich Schwierigkeiten zu be¬ reiten pflegte, hatte seine Anhänger sofort zum heftigsten Widerstand gegen das Vorhaben Kornilows aufgerufen, um die Früchte der Revo¬ lution zu verteidigen. Dem III. Kavalleriekorps wurde der Schienen¬ weg nach der Hauptstadt gesperrt, der Geist der Truppe überdies durch Sendlinge umgestimmt. Versuche, zwischen den beiden Machthabern Rußlands zu vermit¬ teln, worum sich auch Gen. Alexejew sowie die Vertreter der Entente¬ staaten bemühten2), schlugen fehl. Am 12. September übertrug die Regierung dem Ministerpräsidenten Kerenski auch den militärischen Oberbefehl; Gen. Alexejew ließ sich herbei, als Generalstabschef nach Mohilew in die Stawka zu fahren, um den völligen Zerfall des Heeres zu verhindern und das Los des Gen. Kornilow und seiner Anhänger zu mildern3). Kornilow, Lukomski, dann der Kommandierende der Südwestfront, Gen. Denikin, zwei seiner Armeeführer und eine Reihe sonstiger Offiziere wurden verhaftet. Als alter und erfahrener Soldat mächte Gen. Alexejew noch einen letzten Versuch, die fortschreitende Auflösung der russischen Wehr¬ macht zu hemmen. Er berichtete am 15. September nach Petersburg, das Heer sei zu keiner größeren Kampfhandlung mehr geeignet, höchstens zu kleinen Unternehmen einzelner Regimenter, allenfalls noch einzelner *) Martino w, 100. — Smilg-Benario, Von Kerenski zu Lenin, 213 ff. — Spannocchi, 176. 2) B o r i s s o w, General Michael Wassiljewitsch Alexejew (Wojennij Sbornik, Belgrad 1922, 2. Heft). — Buchanan, 227 ff. 3) Martinow, 153ff.