714 Die Herbstoffensive gegen Italien Befehlsgewalt an seinen Nachfolger übergab, waren die grundlegenden Anordnungen für die Wahl der neuen Abwehrlinie bereits erlassen. Die Verkürzung der Kampffront kam hiebei natürlich auch dem ita¬ lienischen Heere zustatten. Es konnte den Ausfall der 2. Armee ver¬ schmerzen und fand, wenn auch durch die Aussicht auf die Hilfe der Alliierten moralisch gestützt, dennoch aus sich selbst heraus die Kraft, den verfolgenden Gegnern Halt zu gebieten. Die italienische Heeresleitung war überdies bemüht, die ungewöhn¬ lich hohen Verluste möglichst rasch zu decken. Am 24. November waren bereits 170.000 Ersatzmänner, 50.000 Geneseoe und 80.000 Urlauber an die Front gesandt worden; gleiches geschah mit 300.000 Verspreng¬ ten und Fahnenflüchtigen, die vorerst in Sammellagern vereinigt wur¬ den. Die gelichteten Verbände konnten somit noch im Jahre 1917 mit insgesamt 600.000 Mann aufgefüllt werden1). Für den Ersatz der ver¬ lorenen Waffen sorgten die ziemlich leistungsfähige Industrie Italiens sowie die gewaltigen Rüstwerkstätten der Westmächte und ihres neuen amerikanischen Bundesgenossen. Der wirtschaftliche und moralische Wiederaufbau des italienischen Heeres erhielt, abgesehen von der Unterstützung durch die Alliierten, auch aus dem Innern des Landes mächtige Impulse. Das Kabinett Bo- selli, das seit Juni 1916 ;am Ruder war, wurde gestürzt. An seine Stelle trat die Regierung Orlando. Unter ihrer Förderung gründeten Sena¬ toren und Deputierte im Dezember 1917 den „Fascio della difesa na¬ zionale", der die entschlossene Fortführung des Kampfes auf seine Fahne schrieb und unter dieser alle zu seinem Programm stehenden Kräfte versammelte. So konnte es geschehen, daß ein fast in Auflösung begriffenes Heer in wenigen Wochen wieder zu einem achtbaren Feind geworden war, der sich entschlossen zeigte, das Spiel noch keineswegs verloren zu geben. Die Truppen der Mittelmächte hatten auf dem Siegeszug vom Isonzo zum Piave Großes geleistet. Stolz und gehobenen Sinnes rüsteten sich Österreich-Ungarns Kämpfer in ihren neuen Stellungen in den Vicentinischen Alpen und am Piave für den vierten Kriegswinter. Das in Venetien stehende Heer hatte durch seinen Sieg einen ungeheuren Auftrieb erhalten. Dieses von der Truppe .ausgehende Kraftgefühl stärkte auch die Heeresleitung, die dessen bedurfte, um mit Zuversicht und Festigkeit die für das kommende Entscheidungsjahr nötigen Ent¬ schlüsse fassen zu können. 1) Bericht der Untersuchungskommission, I, 374.