Cadornas Befehle zum Beziehen der neuen Front 613 so lange an der Li venza zu halten,, bis das Höchstkommando den Befehl zur Fortsetzung des Rückzuges geben werde, damit die 3. Armee in voller Or dnung den Piave abschnitt bese tzen könne 1). Die neuerliche Verschlechterung der Lage der 2. Armee hatte Cadorna am 3. November veranlaßt, an den Ministerpräsidenten einschreiben zu richten, in dem er mit voller Offenheit das Unheil, das über das Heer hereingebrochen war, zugab und über dessen moralische Erschütterung keinen Zweifel bestehen ließ. Er eröffnete seiner Regierung, daß er — wenn es ihm gelingen sollte, die 3. und die 4. Armee in guter Ordnung bis an den Piave zu bringen — die Absicht habe, an diesem Flusse die letzte Karte auszuspielen und sich zur Entscheidungsschlacht zu stellen. Denn bei einem weiteren Rückzug bis an die untere Etsch oder bis an. den Mincio, einem Rückzug, dem sich auch die 1. Armee anschließen müßte, würde die Masse der Artillerie eingebüßt und das Heer um den Rest seiner Schlagkraft gebracht werden. Zum Schluß schrieb Gen. Cadorna, es scheine ihm angemessen, „daß die Regierung abseits der militärischen Gründe jene Maßnahmen in Erwägung ziehe, die meine Kompetenz und meinen Pflichtenkreis überschreiten"2). Kriegshisto¬ riker von hohem Ansehen, wie die Generale Caviglia und Segato, sind der wohl zutreffenden Meinung, daß der letzte Satz des Berichtes Cadornas nur als eine Anregung zur Einleitung von Friedensverhand¬ lungen ausgelegt werden könne. Indessen versammelten sich am 5. November zu Rapallo die Re¬ gierungsvertreter Englands, Frankreichs und Italiens, dann die beiden Generalstabschefs Foch und Robertson mit je zwei Generalen und als Vertreter Cadornas Gen. Porro, um über die den Italienern zu gewäh¬ rende Waffenhilfe zu beraten. Auf die neuerlich vorgebrachten Besorg¬ nisse der italienischen Heeresleitung wegen eines gegnerischen Vorstoßes über den Tonalepaß und durch das Val Camonica befahl Foch, die Aus¬ ladung der französischen 10. Armee ganz in den Raum westlich des Gardasees zu verlegen. Die weiteren Ausführungen Porros, daß den 377 in der Front stehenden italienischen Bataillonen 661 gegnerische gegenüberstünden, und daß 12 bis 15 deutsche Divisionen nach Südtirol im Anrollen seien, begegneten jedoch bei den Generalstabschefs Frank¬ reichs und Großbritanniens berechtigtem Zweifel. Da Porro auch noch „Sicherheiten für eine erfolgreiche Abwehr am Piave" erbat, wobei er 1) Cad o r n a, La guerra, Neudruck 1934, 547 f. 2) Caviglia, Le tre battaglie del Piave (Mailand 1934), 4. — Segato, L'Italia nella guerra mondiale (Mailand 1927), I, 515.