130 Die Mai- und Junischlachten im Südwesten Der deutsche Abwehrsieg war nur möglich geworden, weil die Russen Ruhe gehalten hatten. Obst. Hoffmann, der Stabschef des Ober¬ befehlshabers Ost, hielt, wie er am 17. April bei einer Besprechung zu Kreuznach meldete, die Moral und die Kampfkraft des russischen Heeres durch die Revolution wohl stark erschüttert. Gegen einen An¬ griff der Verbündeten würde es sich jedoch wehren. Die deutschen mili¬ tärischen Führer meinten nun, die Zersetzung durch einen Angriff be¬ schleunigen zu können. Die im Osten stehenden Kräfte reichten hiefür aber nicht aus, und Reserven standen der DOHL. — wie schon erwähnt — nicht zur Verfügung. Ein großer Angriff mußte daher unterbleiben. Dies lag auch ganz im Sinne der deutschen politischen Leitung. Sie hatte die seit langem im stillen ersehnte russische Revolution be¬ grüßt, weil sie hoffen zu können glaubte, daß Rußland bald aus der Reihe der Feindmächte ausscheiden werde. Nun besorgte sie, ein Angriff werde die Zersetzung des russischen Heeres eher aufhalten als fördern; daher sollte Rußland überhaupt nicht gereizt, sondern auf gütlichem Wege friedensgeneigt gemacht werden. Dieser Ansicht neigte auch Kaiser Karl zu, wie er dem deutschen Bevollmächtigten, GM. Cramon, gelegentlich einer Audienz am 26. April eröffnete1). Die Oberste Kriegsleitung der Verbündeten war daher anfangs Mai der Ansicht, daß keine Nötigung bestünde, von dem gefaßten Plane> das Schwergewicht der Kriegführung auf das Meer zu verlegen, abzu¬ gehen. Sie wurde darin durch die Leistungen der Tauchboote, denen die Rolle einer Ausfallstruppe aus der großen belagerten Festung zufiel,, noch bestärkt. In der Tat hatten die U-Boote in den ersten drei Mona¬ ten ihres uneingeschränkten Wirkens die erhoffte Vernichtung von je 600.000t feindlichen Schiffsraumes im Monat noch überboten. Im Fe¬ bruar wurden 781.000, im März 885.000 und im April sogar 1,091.000 Tonnen versenkt2). Erst bis der Tauchbootkrieg die Ernährungs- und Versorgungsschwierigkeiten der Feinde erheblich vergrößert, und wenn ihre Heere sich durch fruchtlose Angriffe müde gerungen haben wür¬ den, dann mochte man an entscheidender Stelle zum Gegenschlage aus¬ holen. Bis dahin erwarteten die Heere der Mittelmächte in voller Zu¬ versicht die nächsten Anstürme ihrer Feinde. !) Cramon, Unser österreichisch-ungarischer Bundesgenosse im Weltkriege,. 2. Auflage (Berlin 1922), 118. 2) Kühl, Weltkrieg, II, 155.