78 Die Eroberung von Montenegro und von Nordalbanien Masse des Korps war unter ausreichender Besetzung von Skutari zu¬ nächst im Räume Durazzo—Tirana bereitzuhalten. Der durch diese Weisungen nunmehr auch von der Heeresleitung geduldete Stillstand am Skumbi entsprach zur Zeit aber weder der allgemeinen militärischen, noch der politischen Lage, da sich die Ita¬ liener nach dem Falle von Durazzo vollständig auf Valona zurück¬ gezogen hatten und das vom Feinde freie Gebiet bis zur Vojusa somit den Bulgaren offen stand, deren Vortruppen bereits Berat besetzt hielten. Trotz alledem war aber an eine Fortsetzung der Kriegshandlung noch während der Regenzeit nicht zu denken, so daß die zunächst dringendste Forderung, wenigstens bis an die italienische Front voi> zufühlen, vorläufig den albanischen Freischaren überantwortet werden mußte, denen man auch noch die Selbstversorgung zumuten konnte. Diese Aufgabe fiel damit an den Freischarenführer Kapitän v. Ghilardix), der mit seinen in Nordalbanien großzügig aufgebotenen Verbänden hiezu schon Ende Februar verwendungsfähig am Skumbi bereitstand und Streifscharen sogar bis an den Semeni vorgetrieben hatte. Die Italiener in Valona Diese Bewegung war es, die bei den Italienern den Eindruck her¬ vorrief, daß starke feindliche Kräfte — Gen. Bertotti meldete am 1. März zwei öst.-ung. Korps und bulgarische Truppen2)—hinter einem dichten Schleier von albanischen Freischaren gegen Valona im Vorrücken be¬ griffen seien. Obwohl das italienische Expeditionskorps seit 29. Februar wieder der obersten Heeresleitung unterstellt war, konnte die von der römi¬ schen Regierung bereits eingeleitete Verstärkung auf drei Divisionen nicht mehr verhindert werden. Für die nachdrücklichst gestellte poli¬ tische Forderung, Valona auch gegen einen überlegenen Feind bis aufs äußerste zu halten, war Cadorna aber noch immer nicht zu gewinnen; ihn dünkte das dort stehende Aufgebot nicht nur überhaupt schon als zu großer Einsatz, sondern auch noch als Schwächung der nationalen Haupt¬ front, gegen die er einen öst.-ung. Angriff befürchtete. 1) Als ehemaliger öst.-ung. Offizier hatte sich Ghilardi bereits zur Zeit der pro¬ visorischen Regierung Ismail Kemals und später unter dem Fürsten Wied an den Freiheitskämpfen der Skipetaren hervorragend beteiligt; während der ententefreund¬ lichen Herrschaft Essad Paschas stand er in bulgarischen Bandendiensten. 2) C a d o r n a, Altre pagine, 169.