Getrennte Wege für das Jahr 1916 605 hayn, sosehr er seit geraumer Zeit nur mehr mit halbem Herzen zum Balkanfeldzug stand, die Berechtigung der Pläne Conrads nicht grund¬ sätzlich in Abrede zu stellen; er mußte zubilligen, daß sie auch den Bedürfnissen der Heeresgruppe Mackensen gerecht wurden. Um so schwerer ist es zu verstehen, warum er trotzdem fortdauernd zögerte, seine uneingeschränkte Zustimmung zu geben, und sogar vorübergehend mit dem Vorschlag herausrückte, Conrad möge gegebenenfalls, um für Abwehrzwecke an der russischen Front ein paar Divisionen zuverlässig freimachen zu können, auf das montenegrinische Unternehmen ganz verzichten. Bei den seit längerem schon recht gespannten persönlichen Be¬ ziehungen der beiden Männer war es nicht zu verwundern, daß Conrad Verdacht schöpfte, Falkenhayn wolle durch ein hinhaltendes Verfahren den Angriff gegen Montenegro unmöglich machen. Zudem begann die Zeit zu drängen. Bis zum Frühjahr war es nur mehr drei oder vier Monate hin, und der Krieg machte Anstalten, aus den Tälern und Fels¬ wüsten des Balkans wieder auf einen der Hauptschauplätze zurück¬ zukehren. Selbstverständlich mußte dann von allen Fronten, an denen nicht die Entscheidung lag, jeder irgendwie entbehrliche Mann abberufen werden. Dies galt auch für die öst.-ung. Streitkräfte auf dem Balkan, denen vorher noch die Eroberung Montenegros und Albaniens zugedacht war. Die Frist, die der Ausführung dieses Unternehmens gesetzt war, schien also schon recht kurz bemessen. Ein weiteres Versäumnis von auch nur ein paar Tagen konnte es ganz in Frage stellen. In dieser Bedrängnis entschloß sich Conrad, den gordischen Knoten kurzerhand zu durchhauen. Er trennte die Armee Kövess, deren Truppen er für die Eroberung Montenegros benötigte, von der Heeresgruppe Mackensen los und riß damit das uneingeschränkte Verfügungsrecht über diese Kräfte an sich. Daß der bevorstehende Feldzug auf solche Weise ein ausschließlich öst.-ung. Unternehmen wurde, konnte zugleich der ohnehin stark gesunkenen Geltung des Habsburgerreiches bei den Balkan¬ völkern nützen. Wie sich Falkenhayn in Wirklichkeit zu den Balkanplänen Conrads gestellt haben mochte, ist aus den vorhandenen Akten kaum zuverlässig zu erkennen. Sicherlich stand er dem auch aus dem Schriftenwechsel über eine Offensive gegen Italien erkennbaren Streben Conrads, den überragen¬ den Einfluß der DOHL. auf die Gesamtkriegführung etwas abzuschütteln, grundsätzlich mißtrauisch und abgeneigt gegenüber. Seine eigenen Ent¬ schlüsse für 1916 lagen damals schon ziemlich fest. Deutschland sollte