Die Kämpfe im Polesie (16. Oktober bis 14. November) H i e z u Beilagen 3, 29 und 30 sowie Skizzen 17, 18 und 19 Die allgemeine Lage an der Ostfront um die Mitte des Monats Oktober 1915 In den Tagen, an denen die Entente französische und englische Truppen bei Saloniki ans Land setzte, gewann die Haltung Rumäniens für die Beurteilung der Lage an der Ostfront sowie für eine von den West¬ mächten sehr dringend erachtete Hilfe für die Serben erhöhte Bedeutung. Dies umsomehr,als eine Mitte September zwischen der Donaumonarchie und Rumänien entstandene Spannung, die militärisch in rumänischen Truppen¬ verstärkungen an der Grenze ihren Ausdruck fand, nur mit Mühe hatte beigelegt werden können1). Die verbündeten Mittelmächte rechneten ferner in zunehmendem Maße damit, daß sich auch Rußland, wenig¬ stens mittelbar, an dem Hilfsunternehmen für Serbien beteiligen werde. Vor allen Dingen stand zu erwarten, daß die Russen ihre Angriffe an der ostgalizischen Front fortsetzen und vielleicht auch trachten würden, durch rumänisches Gebiet den südlichen Heeresflügel zu umgehen. Ob Rumänien im Falle eines russischen Einmarsches seine Neutralität be¬ haupten oder in den Krieg an Seite der Entente eintreten werde, wac unklar. Sein politisches Streben war die Erwerbung Siebenbürgens und Beßarabiens. Das eine war nur von Österreich-Ungarn, das andere nur von Rußland zu erlangen. Siebenbürgen war das ersehnte re Ziel. Gewiß war, daß die Entente seit der Eröffnung des Angriffes auf Serbien ihre diplomatischen Anstrengungen in Bukarest steigerte. Die Stimmung in Rumänien neigte mehr der Entente zu. Graf Czernin, der öst.-ung. Ge¬ sandte in Bukarest, wußte um die Mitte Oktober von der immer mehr wachsenden nationalen Bewegung im rumänischen Volke zu berichten. 1) Österr.-ungar. Rotbuch. Diplomatische Aktenstücke, betreffend die Beziehungen Österreich-Ungarns zu Rumänien in der Zeit vom 22. Juli 1914 bis 27. August 1916 (Wien 1916), 19 ff.