Stärke der Isonzoverteidigung 519 hätte, um seinen hinter Karst- und Felsstellungen zum nachhaltigsten Widerstand entschlossenen Widerpart zu übertrumpfen. Für den Verteidiger, die k. u. k. 5. Armee, waren die dritte und die vierte Isonzoschlacht gleich ihren zwei Vorgängerinnen reine Abwehr¬ schlachten. Die geringen Schwankungen der Frontlinien boten auch gar keinen Anlaß, irgendwo die Kunst des Manövrierens zu ihren Rechten kommen zu lassen. Die allgemeine Lage forderte; daß man mit einem Mindestmaß an Kräften das Auslangen fand. Die schon berührte, viel¬ fach sich einstellende Auflösung der italienischen Angriffe in Einzel¬ handlungen tat ein übriges, den Herbstkämpfen am Isonzo ihr Gepräge zu erteilen. Die höchsten Befehlsstellen waren vergleichsweise vielfach ausgeschaltet. Abgesehen von dem moralischen Rückhalt, den deren Willensfestigkeit bot, beschränkte sich ihre Einwirkung im allgemeinen auf die richtige Verteilung der spärlichen Reserven, über die man ver¬ fügte. In die eigentliche Leitung der Abwehr teilten sich die mittlere und die untere Führung. Die Last des Kampfes ruhte auf der Truppe, die wahrhaft Übermenschliches zu leisten hatte. In seinen Kavernen und Löchern lernte der Verteidiger zum erstenmal die Schrecknisse der „Ma¬ terialschlacht" kennen. Nach der endlosen, lange Tage und Nächte an¬ dauernden Höllenqual des italienischen Artillerie- und Minenfeuers war es beinahe eine Erlösung, wenn es zum blutigen Nahkampf kam, der mit der ganzen Grausamkeit urzeitlicher Instinkte durchgefochten wurde. Auf der Podgora wurde auf solche Weise der Feind in den acht Wochen der Doppelschlacht vierzigmal abgeschlagen; bei Oslavija gab es in der gleichen Zeit an die dreißig solcher Angriffe abzuwehren1). Überall, wo der Italiener vor den Gräben des Verteidigers auftauchte, traf er auf eine Minderzahl. Bei Piava widerstand die k. u. k. 1. GbBrig. durch sechs Wochen mit 6 bis 8 Bataillonen den Angriffen, die das italienische II. Korps mit 22 bis 24 Bataillonen führte — von der gewaltigen Über¬ legenheit an Geschützen und Minenwerfern nicht erst zu reden. Bei Oslavija setzte der Feind nach und nach Teile von 17 Regimentern, dazu mehrere Radfahrbataillone zum Durchbruch gegen etwa 10 öst.- ung. Bataillone ein, ohne mehr als eine schwache, für die weitere Ge¬ fechtsführung fast bedeutungslose Einbeulung zu erzielen. Dabei hatte es der Verteidiger sicherlich mit keinem zu unterschätzen¬ den Feinde zu tun. Wohl ergaben sich, was die Stoßkraft des Italieners anlangt, je nach der Landsmannschaft seiner Regimenter gewisse Ab¬ stufungen. Aber in der Gesamtheit wurde in den Berichten unserer !) S c h w a r t e, V, 171 ; vgl. auch P i t r e i c h, Sperrfeuer, 254.