10 Pläne und Kräfteaufgebot für den Herbst 1915 Inzwischen hatte es aber auch die Entente nicht an Versuchen fehlen lassen, Bulgarien noch in elfter Stunde zu sich herüberzuziehen. Selbst¬ verständlich hätte dies nur auf Kosten Serbiens geschehen können, in dessen Händen sich das von Bulgarien begehrte Mazedonien befand. „Doch wehrte sich die serbische Regierung gegen ein solches Ansinnen so lange als möglich mit allen Kräften. Eher werde sie, ließ site den Alli¬ ierten sagen, ganz Serbien Österreich übergeben, als ein so schmähliches Opfer darzubringen. Um das Königreich in letzter Stunde doch noch zum Einlenken zu bringen, sicherten am 17. August die Gesandten der Großmächte in Nisch den Serben feierlich zu, daß man ihnen als Entgelt für das mazedonische Opfer Bosnien, die Herzegowina, Süddalmatien, Syrmien und die Bácska zukommen lassen werde. Rußland, England und Frankreich erklärten gegen den Willen Italiens zudem noch, daß man auch den Anschluß der Kroaten an Serbien fördern werde, wenn es deren Wunsch sei1)." Wohl oder übel hatte sich die Skupschtina schon Mitte August entschließen müssen, in geheimer Sitzung grundsätzlich in die Abtretung mazedonischen Gebietes an Bulgarien einzuwilligen, wenn dieses dadurch für den Anschluß an die Entente gewonnen werden könnte. Aber Bulgarien hörte weder mehr auf diese Verlockungen noch auf die Mahnungen Rußlands, die slawisch-orthodoxe Blutsgemeinschaft nicht zu zerreißen. Es schloß am 6. September 1915 mit den Mittel¬ mächten ab. Einem diplomatischen Hauptvertrag, der ein nicht für 15!, sondern nur für fünf Jahre geltendes Verteidigungsbündnis zum Inhalt hatte, waren ein geheimes Zusatzabkommen und eine Militärkonvention angeschlossen. In dem Zusatzabkommen sicherten die Mittelmächte den Bulgaren alle serbischen, für den Fall eines Krieges mit Rumänien öder Griechenland auch alle rumänischen und griechischen Gebiete zu, die sie gefordert hatten. Auch Ostserbien befand sich darunter. Die deutsche Reichsleitung hatte diesem Wunsche in dem Augenblicke, da er aus¬ gesprochen worden war, zugestimmt, und Burián fügte sich, damit auch den Auffassungen seines Freundes Tisza entgegenkommend, der sich wohl gegen die Einverleibung größerer serbischer Gebiete durch Öster¬ reich-Ungarn aussprach, im übrigen aber jede Verkleinerung Serbiens nachdrücklich befürwortete, weil er, im Gegensatze zu Conrad, ein möglichst eingeengtes, wenig lebensfähiges Serbien für die erstrebens¬ werte Zukunftslösung hielt. Außerdem wurde den Bulgaren ein Dar¬ lehen von 200 Millionen Francs in vier Monatsraten zugesichert. i !) Glaise-Horstenau, Die Katastrophe — Die Zertrümmerung Österreich- Ungarns und das Werden der Nachfolgestaaten (Wien 1929), 48 f.